Gehen Sie am 26. Mai zur EU-Wahl?

Gehen Sie am 26. Mai zur EU-Wahl?
Ein Gastkommentar zum Thema "Warum eigentlich wählen gehen?" bei der EU-Wahl am Sonntag, 26. Mai 2019.
Paul Schmidt

Paul Schmidt

Gehen Sie am 26. Mai wählen?

Dann wäre das eine gute Idee. Denn 2014 waren die Nichtwähler bei der Europawahl mit 55% noch in der Mehrheit. Aber ist es wirklich so unwichtig, was das Europäische Parlament tut? Ist es egal wer Ihre Interessen im EU-Parlament vertritt? Und muss man mit allem einverstanden sein, was in der EU passiert, um wählen zu gehen? Ist man das auf nationaler Ebene, wenn man seine Stimme abgibt?
EU basiert, der gelernte Österreicher kennt das, auf der Kunst des Kompromisses. So langweilig das klingt, so zäh und technisch das sein mag, so erfolgreich ist es. Man rauft sich zusammen, streitet über Details, aber versucht letztlich zu gemeinsamen Entscheidungen zu kommen. Das ist lange nicht perfekt und könnte oft schneller gehen. Aber es ist wahrscheinlich das Beste, was uns je eingefallen ist und hat uns jahrzehntelang Frieden gebracht.

Demokratisches Prinzip

Finden Sie vielleicht, dass die EU einfach nicht demokratisch genug ist? Gerade dann wäre Ihre Stimme bei der EU-Wahl doch gut aufgehoben. Das EU-Parlament ist schließlich die einzige EU-Institution, die seit 40 Jahren direkt gewählt wird. Eine Zeit, in der es sich sukzessive mehr Rechte erkämpft hat und heute über 500 Millionen Europäer vertritt. Sie werden sagen: da sind ja nur 18 Abgeordnete aus Österreich von insgesamt 751. Was können die schon ausrichten? Eigentlich eine ganze Menge. Mit guten Ideen und persönlichem  Engagement parlamentarische Überzeugungsarbeit leisten und damit europäische Politik gestalten: ob bei der Kontrolle des Ministerrats und der EU-Kommission, bei der Wahl des nächsten Kommissionspräsidenten, bei Entscheidungen, wofür die EU unser Geld ausgibt oder dem Schutz europäischer Grundwerte, dem Brexit, dem Umwelt- und Klimaschutz, der Regulierung der Finanzmärkte, dem Ausbau sozialer Rechte, dem Aufbau eines gemeinsamen Asylsystems bis zum Abschaffen der Roaming-Gebühren. Die Liste ist lang.

Entscheidung über Richtung

Es ist daher nicht ganz unerheblich, wie das EU-Parlament entscheidet. Als Co-Gesetzgeber gibt es auch keinen europäischen Beschluss ohne seine Mitwirkung. Denken Sie zum Beispiel an die Regulierungsversuche des freien Internets, gegen die die Jugend gerade Sturm läuft, oder an das EU-weite Verbot von Wegwerfprodukten aus Plastik. Sie sagen, außerhalb des Wahlkampfs hört man nichts von unseren EU-Abgeordneten? Dann informieren Sie sich, wie Ihre Volksvertreter abgestimmt haben, vor allem fordern Sie Erklärungen ein und machen Sie sich ein Bild.
In welche Richtung Europa sich entwickelt, hängt eben letztlich auch von der künftigen Zusammensetzung des EU-Parlaments ab. Ob wir unsere Kräfte bündeln und international stärker auftreten oder ob wir uns in unser nationales Schneckenhaus zurückziehen. Deshalb ist es nicht egal, ob Sie von Ihrem demokratischen Recht Gebrauch machen. Je höher die Wahlbeteiligung, desto stärker das EU-Parlament – und damit die Vertretung unserer Interessen.

Ein Gastkommentar von Mag. Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik

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