Wir müssen früher (be-)handeln
Im Kampf gegen die Corona-Infektion hat die Menschheit weltweit von Anfang an auf die Vermeidung und Früherkennung der Ansteckung gesetzt: MNS-Masken, Handhygiene, Kontaktbegrenzung bis zur Abriegelung ganzer Regionen sowie Antigen-Schnelltests und PCR (Polymerase-Chain-Reaction) Tests.
Lockdowns brachten kurzfristige Senkungen der Neuinfektionszahlen. Mühsam anlaufende Impfungen geben Hoffnung auf den Sieg über das Virus. Mittlerweile wissen wir, dass die Erkrankung mit einer Schädigung und Reaktion des Organismus am Endothel, der innersten Gewebeschicht unserer kleinsten Gefäße, in den Organen beginnt.
Dort entsteht anfänglich eine Mikrothrombosierung und Mikroembolie und eine vorerst unspezifische Entzündung, beides offenbar immunologisch getriggert an der Angriffsstelle des Covid-19-Virus. Bereits im Frühjahr 2020 zu Beginn der ersten großen Welle berichtete die Washington Post von Fällen vor allem jüngerer erkrankter Männer, die mit Schlaganfällen aufgrund millimeterlanger Thromben in Gehirngefäßen in New Yorker Kliniken eingeliefert wurden. Nur weil angeblich 80 Prozent der Covid-positiven weitgehend asymptomatische, milde und mittelschwere Verläufe zeigen, warten wir ab und geben eventuell fiebersenkende Medikamente und Antibiotika.
Erst wenn der Brandherd der Entzündung um sich greift und das Haus in Vollbrand steht, setzen wir die intensivmedizinische Feuerwehr ein. Erst wenn die anfänglich kleinen Schneebälle der Mikroembolie sich zu einer Lawine entwickelt haben und der ganze Körper unter ihrer massiven Last, der Embolie, zu ersticken droht, alarmieren wir die intensivmedizinische Bergrettung. Die Spitalsmedizin leistet unter Belastung Hervorragendes. Dabei haben die Medizin und ihre bestens dafür ausgebildeten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte unter Vermeidung überbordender Spitalsaufnahmen sehr viel Erfahrung, Übung, Wissen und die nötige Vorsicht in Thrombosevorbeugung mit niedermolekularen Heparinen sowie bei Behandlung von bestimmten Entzündungen mit niedrig dosiertem Cortison, wenn nötig die begleitende Gabe von Antibiotika und – wie in England geübt – eine niedrig dosierte Cortison-Inhalation.
Dies nur bei beatmungspflichtigen Intensivpatientinnen und -patienten einzusetzen, verkennt die frühzeitig kontrolliert einsetzbare Wirkung gegen Embolie und Entzündung.
In der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur wird bereits der „großzügige Einsatz“ von niedermolekularen Heparinen empfohlen. Was hindert uns also? Wovor haben wir Angst? Helfen wir zusammen, die Ärztinnen und Ärzte und die Wissenschaft. Erstellen wir die Daten für ein Konzept der Frühbehandlung. Es sterben (noch) zu viele in der Pandemie.
Wilhelm Marhold war bis 2014 Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbundes KAV.
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