Wir können 2024 wählen

Karl Aiginger
Auch mit sinnvollen Zielen lassen sich Wahlen gewinnen. Ein Gastkommentar von Karl Aiginger.

2024 werden mehr als 4 Milliarden Menschen zu Wahlen aufgerufen. Nicht alle Wahlgänge werden fair und frei sein. Hier gibt es internationale Bewertungen. In Österreich und den meisten Ländern Europas aber in der Regel schon. In Berlin müssen Wahlen wiederholt werden, besser, als sie wären unfair geblieben.

Die Themen, über die entschieden werden soll, sind breit und vielfältig. Es geht um Reduktion der Armut – auch neuer Formen etwa nach Familientrennung oder Flucht. Die Klimaerwärmung wird immer sichtbarer, auch wenn eine Minderheit den Einfluss menschlicher Tätigkeit auf die Erderwärmung weiter leugnet. Ihre Folgen sind auch wieder sozial sehr unterschiedlich, wer kein Geld hat, kann keine neuen Heizungen einbauen, nicht auf Urlaub fahren.

Wir haben zwei Kriege am Rand von Europa, das wird von manchen als Grund für Ankauf von Waffen gesehen, es könnte aber auch als Anreiz gesehen werden, die grundlegenden Probleme zu lösen. Die Hamas konnte Israel überfallen, weil es niemand erwartet hat und weil jahrzehntelang UN-Beschlüsse durch ein US-Veto verhindert wurden. Russland konnte die Ukraine überfallen, weil viele Firmen in Russland Gewinne machen wollten. Hier kann ein neutrales Land eine größere Rolle spielen, nicht durch teure, leere Kasernen oder neue Flugshows.

Finanzielle Hilfe gegen Armut und für Kriegsopfer ist schwer, weil der Staat bei jedem Problem zahlen müsste und unsere Abgaben und Schulden schon hoch sind. Europa durfte kein Geld aufnehmen, weil das die EU-Staaten nicht wollten, die USA sind höher verschuldet und finanzieren sich billiger.

Die Globalisierung ist in manchen Punkten zu weit gegangen. Wenn Konflikte Lieferketten zerstören, bekommt man weder Rohstoffe, die für E-Autos notwendig sind, noch gewisse Medikamente. Aber ohne Globalisierung wäre die Inflation höher. Lieferketten müssen verlässlich sein – und über verschiedene Regionen verteilt.

Alles das wird bei Wahlen zu entscheiden sein. Und da gibt es überall „Uralt-Parteien“, die immer ein Feindbild haben, entweder Migranten oder die Klimapolitik. Dabei wären wir ohne Zuwanderung entvölkert und hätten keine Pflegekräfte, ohne Klimapolitik können wir langfristig nicht leben. Uraltparteien leugnen die aktuellen Herausforderungen oder schlagen alte Lösungen vor.

Wir brauchen Parteien, die die Probleme sehen und ihre Vernetzung mitberücksichtigen; das können reformierfreudige Sozialdemokraten oder reformwillige Konservative sein, besser vielleicht noch Grüne oder liberale Parteien. Populisten können es nicht sein, wie wir in Ungarn sehen, ansatzweise in der Slowakei und in den Niederlanden. Polen zeigt, dass man auch zum Rechtsstaat zurückkehren kann. Mit diesen Zielen kann man auch Wahlen gewinnen und Probleme lösen. In Österreich, Europa und in den USA.

Karl Aiginger, Ex-WIFO-Chef, leitet die Europaplattform Wien–Brüssel.

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