Wer hat Angst vorm Pensionsloch?

Wer hat Angst vorm Pensionsloch?
Uns wird glauben gemacht, dass das Versicherungssystem kippt. Ein Gastkommentar von Barbara Blaha.

Ständig wird uns Angst vor einem angeblich ganz großen Problem gemacht. Dem „Pensionsloch“.

Der Kampfbegriff zeigt schon, woher der Wind weht. Das Ziel: Wir sollen glauben, dass das Versicherungssystem nicht mehr funktioniert. Denn: Wenn wir das glauben, schlucken wir auch brav Pensionskürzungen. Und kaufen teure private Versicherungen dazu. Die Panik wird gemacht, damit man die Fakten nicht mehr hört und sieht: Die größte Gruppe in der Pensionsversicherung sind alle, die arbeiten. Technisch formuliert: die Gruppe der „unselbstständig Beschäftigten“. Sie zahlen einen Teil ihres Gehalts in die Pensionsversicherung ein. Und aus der nehmen sich alle, die heute in Pension sind, ihre Pensionszahlung heraus.

Wer hat Angst vorm Pensionsloch?

Barbara Blaha

Was kaum jemand weiß: Die Beschäftigten zahlen mehr ein, als über die Alterspensionen wieder abfließt. Die Pensionsversicherung schreibt hier ein Plus. Der Löwenanteil der Pensionen trägt sich selbst und braucht keinen Zuschuss. Warum fließt dann trotzdem Steuergeld ins Pensionssystem?

Erstens: Weil Bauern und Selbstständige in ihre Versicherung weniger einzahlen, als sie herausnehmen. Der Grund: Es gibt dort keine Arbeitgeber:innen, die etwas beitragen. Ein Unternehmer ist sein eigener Chef.

Zweitens zahlen wir über das Pensionssystem viel mehr als nur Pensionen. Es unterstützt Waisenkinder, Witwen und Witwer und alle Leute, die wegen schwerer Krankheit oder Unfall berufsunfähig sind. Das Pensionssystem sichert ihnen allen wenigstens eine Mindestpension. Und es finanziert auch Kuraufenthalte und Reha-Maßnahmen für Berufstätige.

Das alles können wir uns als reiches Land leisten. Auch in Zukunft. Derzeit gehen zwar mehr Menschen in Pension – aber der Beitrag aus Steuern zur Pension bleibt auf lange Sicht stabil. Ja, die Boomer-Generation geht jetzt in Pension, aber ab 2035 sinkt die Zahl der Pensionierungen wieder. Und auf der Kostenseite wird parallel gegengesteuert, weil wir immer weniger für die Pensionen bei Beamtinnen und Beamten ausgeben müssen.

Unterm Strich bleiben die Kosten konstant: bis 2070 etwa sechs Prozent der Wirtschaftsleistung. Das heißt natürlich nicht, dass es nix zu tun gäbe. Aber das sind ganz andere Maßnahmen, als jene meinen, die von einem „Pensionsloch“ fantasieren. Erstens: dafür sorgen, dass Menschen länger gesund bleiben. Der durchschnittliche Österreicher schafft es nicht gesund in die Pension – sondern tritt sie krank an. Selbst wer bis zur Pension gesund bleibt, hat im EU-weiten Vergleich die wenigsten gesunden Pensionsjahre vor sich. Jeder Euro in der Gesundheitsvorsorge reduziert langfristig die Gesundheitsausgaben.

Zweitens braucht es mehr gute Jobs für älteren Menschen, bei ihnen ist die Arbeitslosigkeit am höchsten. Wer länger Arbeit hat, braucht weniger Unterstützung und zahlt mehr Beiträge ein. Bis er oder sie in den verdienten Ruhestand geht.

Barbara Blaha leitet das klimasoziale und gewerkschaftsnahe Momentum Institut.

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