Wenn politische Ignoranz neue Sphären erreicht
Das neue Gutachten der Alterssicherungskommission der Bundesregierung schlägt alarmierende Töne an: Bis 2026 müssen fünf Milliarden Euro mehr zu den Pensionen zugeschossen werden als ohnehin geplant.
Bereits seit längerem ist klar, dass das öffentliche Pensionssystem nicht gut aufgestellt ist. Das Verhältnis von Pensionsbeziehern zu den Einzahlern gerät immer stärker in Schieflage.
Schon heuer fehlen im Pensionssystem knapp 23 Milliarden Euro. Damit muss mehr als jeder fünfte Euro aus dem Bundesbudget zum Stopfen des Pensionslochs verwendet werden. Allein in den kommenden fünf Jahren fehlen im staatlichen Pensionssystem dadurch mehr als 125 Milliarden Euro. So hoch wird die Differenz zwischen den Auszahlungen an die Pensionisten und den Einzahlungen der Aktiven innerhalb von fünf Jahren sein.
Und was macht die Politik? In der Budgetdebatte von vergangener Woche gab es von allen Parteien nur eine Botschaft: „Alles paletti, die Pensionen sind sicher!“
Nur Gerald Loacker von den NEOS ruft einmal mehr zum Handeln auf. Aber anstatt diesem Problem entgegenzuwirken, wird jedes Jahr die Stabilität der Finanzierung durch Wahlgeschenke noch stärker untergraben. Allein die außertourlichen Pensionserhöhungen seit 2017 führen jedes Jahr zu zusätzlichen Kosten von rund einer Milliarde Euro.
Die Politik legt also noch eins drauf. Seit 2003 ist der Zuschuss zu den Pensionen um knapp 10 Milliarden Euro angestiegen. Die Situation wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen.
Dabei sollte Österreich dem Beispiel anderer EU-Länder folgen und eine automatische Anpassung im System einbauen. Das Pensionssystem muss endlich den politischen Launen entzogen werden, um eine weitere Ausdehnung des Pensionslochs zu verhindern. Dabei reicht es nicht, nur das effektive Antrittsalter anzuheben, wie oft behauptet wird. Ein späterer Abschied vom Arbeitsleben wirkt zwar positiv auf die Finanzierung des Pensionssystems: Menschen, die länger arbeiten, zahlen während dieser Zeit weiter Pensionsversicherungsbeiträge ein.
Vergessen wird aber oft der belastende Teil des späteren Antritts: Durch das längere Arbeitsleben werden auch höhere Pensionsansprüche erworben, die entsprechend auch ausbezahlt werden und damit die Gesamtausgaben zukünftig ansteigen lassen.
Ein späterer tatsächlicher Pensionsantritt reduziert damit das Defizit im Pensionssystem nicht nachhaltig, sondern verschiebt die Problematik in die Zukunft. Deshalb muss das gesetzliche Antrittsalter steigen. Wir müssen länger für dieselbe Pension arbeiten, nicht für eine höhere.
Deshalb muss das Pensionssystem an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden. Das Pensionsantrittsalter sollte ab sofort jedes Jahr um zwei Monate angehoben werden. Andere Länder wie die Niederlande gehen noch schneller vor, aber die Steigerung um zwei Monate pro Jahr ist zumindest notwendig, um die erhöhte Belastung durch längere Lebenserwartung und die Babyboomer-Generation abzufangen.
Dénes Kucsera ist Ökonom beim marktliberalen Thinktank Agenda Austria.
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