Welches Virus ist tödlicher?

Welches Virus ist tödlicher?
Ein Vergleich zwischen COVID-19 und „spanischer“ Grippe

Die „Spanische Grippe“, ausgelöst durch Typ A des Grippevirus H1N1 am Beginn des letzten Jahrhunderts gilt als Paradigma für eine furchterregende Infektionskrankheit, die weltweit Millionen von Toten verursacht hat. Dagegen wird die nunmehr hoffentlich „ausbrennende“ COVID-19 Pandemie als „kleine Schwester“ angesehen.

Wie aus Aussendungen des US-amerikanischen Center of Disease Control hervorgeht, haben die Todeszahlen unter COVID-19 in den USA jene der Spanischen Grippe überholt. Daran starben 675.000 Personen, in der COVID-19-Pandemie werden die Todeszahlen demnächst die Million überschreiten.

COVID-19 ist das tödlichste Krankheitsereignis, das die USA jemals getroffen hat. Bei der Betrachtung der Mortalität während der spanische Grippe muss beachtet werden, dass diese am Ende des Ersten Weltkrieges ausgebrochen und auf eine erschöpfte und mangelernährte Bevölkerung gestoßen, die öffentliche Gesundheitsversorgung darniedergelegen ist, es an Ärzten, Pflegepersonal und Medikamenten mangelte. Wenn man deren Todeszahlen mit jenen der SARS-CoV-2-Pandemie vergleicht, muss man berücksichtigen, dass alle Patienten, die respiratorisch unterstützt oder intensivmedizinisch betreut wurden, verstorben wären.

Dazu kommt die ungeheure Anzahl jener Personen, bei denen eine Impfung eine Infektion überhaupt verhindert oder eine schweren Krankheitsverlauf vermieden hat. In vielen Ländern hat die Zahl der verstorbenen Menschen bereits mehr als 50 Prozent der „klassischen“ Pandemie überschritten. Berücksichtigt man Effekte der modernen Medizin, würden die hypothetischen Fallzahlen in einem ähnlichen Bereich wie Anfang letzten Jahrhunderts liegen. Sicher muss man dabei die Bevölkerungszahlen beachten. In den USA haben sich diese von 106 Millionen auf 332 Millionen mehr als verdreifacht. Die Qualität der Daten von 1920 ist schlecht, ist für die heutige Pandemie aber nicht wesentlich besser, damals wie heute werden die Todeszahlen krass unterschätzt. Eine neue Studie der COVID-19 Excess Mortality Collaborators (The Lancet) spricht inzwischen von 18,3 Millionen Todesfällen.

Laut Wikipedia starben in Österreich 1918-1919 21.000 Menschen an der A/H1N1 Infektion. Bis jetzt sind in Österreich über 16.000 Todesfälle gemeldet worden. Wenn man die durch die moderne Medizin geretteten Patienten dazuzählt, sind diese Zahlen vergleichbar.

Die gesellschaftlichen und ökonomischen Folgen der SARS-CoV-2 waren/ sind in der globalisierten Welt viel größer, als in den Krisenjahren Anfang des letzten Jahrhunderts. Was der Vergleich deutlich macht, ist, wie gefährlich die SARS-CoV-2-Epidemie ist/war und andererseits wie dramatisch die moderne (Intensiv-) Medizin die Mortalität reduzieren konnte und unvorstellbar rasch eine hochwirksame Impfung entwickelt hat.

Wilfred Druml ist Professor an der Medizinischen Universität Wien.

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