Warum wir uns mit der Klimarettung schwer tun

Warum wir uns mit der Klimarettung schwer tun
Tiefliegende menschliche Motive stehen oft im Weg

Rational betrachtet erscheint es eigentlich unerklärlich, dass die menschliche Gesellschaft nicht in der Lage bzw. nicht Willens ist, die nötigen Maßnahmen zur Abwendung der Erderhitzung umzusetzen. Verlauf und Folgen sind seit 50 Jahren bekannt, ebenso die nötigen Gegenmaßnahmen.

Kurzfristige Vorteile sind die wirksamste Verhaltensmotivation. Der Genuss eines Fernurlaubs lässt nachteilige Folgen der Flugreise in ferner Zukunft verblassen, insbesondere dann, wenn diese primär andere betreffen. Aber auch Nachteile, von denen man in ferner Zukunft selbst betroffen ist, sind kaum verhaltensrelevant (vgl. Rauchen). Die Motivationskraft sinkt mit zeitlicher Entfernung!

Unangenehme zukünftige Folgen können leicht verdrängt werden. Jede Botschaft, die dabei hilft, ist willkommen – unabhängig von der Seriosität der Quelle. Daher sind Klimawandel­leugner/-relativierer bei vielen sehr beliebt - sie helfen bei der Entlastung des Gewissens. Politische Populisten nutzen das geschickt aus.

Wenn ein schädliches Verhalten von sehr vielen praktiziert wird (z.B. Auto fahren), wird es als „normal“ angesehen und fast niemand entwickelt dann ein Verantwortungsgefühl für die Folgen. Auch hilft es der Verdrängung nach dem Motto „Wenn es wirklich schaden würde, wäre es ja längst verboten!“

Die Selbstdarstellung ist ebenfalls ein dominierendes Verhaltensmotiv. Das gilt nach wie vor für Auto und Fahrstil. Für viele ist es sehr wichtig, damit Status, Kraft, Können und Überlegenheit zu demonstrieren, um Anerkennung und Respekt zu erlangen. Ginge es nur um sachlich orientierte Individualmobilität wären nachhaltige Lösungen leicht realisierbar.

Verhaltensänderungen fallen sowohl Einzelnen als auch der Gesellschaft sehr schwer. Die Angst vor kurzfristigen Nachteilen wirkt viel stärker als die Aussicht auf später eintreffende Vorteile. Nachdem auch die Wähler auf kurzfristige Vorteile schauen, entsteht hier eine schwer überwindbare Abwärtsspirale.

Auch das dümmste aller Bremserargumente wird von Populisten gerne eingesetzt, nämlich: „Auf das kleine Österreich kommt´s beim Klimaschutz gar nicht an!“ So betrachtet kommt es auf kein einziges kleines Land oder Dorf und eigentlich auf keinen einzigen einzelnen Weltbürger an und daher müsste demgemäß auch niemand auf den Klimaschutz achten. Wir können trotz allem klimaschonende Verhaltensänderungen erreichen, wenn wir – neben anderen Maßnahmen - klug an den richtigen Stellen der menschlichen Motive und Bedürfnisse ansetzen. Am schwierigsten ist es im Bereich der Mobilität, die viel mit Selbstdarstellung und Freiheitsempfinden zu tun hat.

Michael Praschl ist seit 1982 wissenschaftlich mit dem Klimawandel und seit 1988 beruflich mit dem Schwerpunkt „sichere und nachhaltige Mobilität“ befasst.

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