Warum will Trump ausgerechnet Grönland haben?

Der designierte US-Präsident schickte seinen Sohn Donald Trump Jr. nach Grönland vor
Die Idee einer Groß-USA erscheint am Horizont. Ein Gastkommentar von Janos I. Szirtes.

Erneut hat es Trump geschafft, politische Sicherungen auszuschlagen. Auf Territorialeroberungen ist er aus, die Idee der Groß-USA erscheint am Horizont. Neben Kanada und Panama soll es auch Grönland betreffen. Es soll gekauft werden. Die Idee ist nicht neu, zum ersten Mal hat dies Präsident A. Johnson 1867 versucht. H. S. Truman hat es 1946 erneut angesprochen und 100 Mio. Dollar geboten. Der Kauf ist zwar heute rechtlich nicht möglich, weil nach dem Autonomievertrag von 2009 das Land den Grönländern gehört, aber dies stört Trump nicht. Er wiederholt das Kaufinteresse. Aber warum?

Warum will Trump ausgerechnet Grönland haben?

Janos I. Szirtes

Es geht kaum um vorgeschobene Sicherheitsinteressen, da die USA mit der Pituffik Space Base dort bereits einen Militärstützpunkt besitzen. Ein Vertrag von 1951 bevollmächtigt die USA zudem, Angriffe auf Grönland zu verhindern. Es geht um die künftige Bedeutung des zwölftgrößten Territoriums der Welt, nach Einwohnern (56.000) ein Kleinstaat. Die Insel hat jedoch strategische Bedeutung, weil sie die Frühwarnung für die USA um die Hälfte verkürzt und das Angriffspotenzial viel näher an Russland rückt. All das ist jedoch schon vorhanden. Der Raum besitzt allerdings 13 Prozent der nicht geförderten Öl- und 30 Prozent der Gasreserven der Welt. Auch Seltene Erden sind hier zu finden, womit Chinas Monopol gebrochen werden kann. Uranvorkommen wurden ebenfalls festgestellt. Die Rohstoffe wurden bisher nicht gefördert, doch mit dem Klimawandel ist dies nur eine Frage der Zeit. Ob Trumps Vorstoß „nur“ mit günstigen Rohstoffförderungslizenzen zu tun hat, ist angesichts seiner Unberechenbarkeit nicht beantwortbar.

Bald wird das Land vom Eis befreit, zur Jahrhundertwende könnte es grün sein. Während am Äquator steigende Temperaturen das Leben unmöglich machen, geht in Grönland ein gegenteiliger Prozess vor sich. Die Eismeere verschwinden, sie werden den Großteil des Jahres schiffbar, der Weg nach Europa, Russland und Fernost kürzer. Die Migration kann sich in diese Richtung orientieren.

Grönland ist weitestgehend von Dänemark unabhängig. Es ist z. B. kein Mitglied der EU. Nach dem Autonomievertrag kann es die Selbstständigkeit ausrufen. Zwar ist der grönländische Ministerpräsident mit dem Stand der Unabhängigkeit nicht zufrieden, aber mehr geht fast nicht. Eines Tages kommt es zur Selbstständigkeit, dazu braucht es keine Zustimmung der Dänen. Doch solange Dänemark die Hälfte des grönländischen Budgets begleicht, wäre dies kontraproduktiv.

Ein möglicher Eintritt in die USA wirft allerdings Fragen nach Eigentumsrechten an Bodenschätzen und Fischerei-, Umwelt- und Einwanderungsrechten auf, was für das Land lebenswichtig, aber in den USA nicht nach grönländischen Interessen ausgerichtet wäre. Trump könnte allerdings das Land durch Beeinflussung oder Kauf der Parteien und jedes einzelnen Grönländers vom „Gegenteil überzeugen“. Es wäre nicht das erste Mal.

Janos I. Szirtes ist Politikwissenschafter, lebt in Budapest, war Journalist und Diplomat.

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