Warum so ein Schritt?

Warum so ein Schritt?
Offene Fragen zur Sigmund-Freud-Universität

Seit Monaten lesen wir negative Schlagzeilen über die Sigmund-Freud-Privatuniversität (SFU) rund um den Entzug der Akkreditierung des Masterstudiums Humanmedizin durch die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQ).

Meine Tochter studiert seit fünf Jahren motiviert und erfolgreich an der SFU. Anerkannte ProfessorInnen unterrichten auf höchstem Niveau und verlangen dieses laufend auch von den Studierenden, die mit ihrem Wissen und ihrer praxisnahen Ausbildung in den Spitälern willkommene FamulantInnen und AbsolventInnen sind. Unserer Tochter wurde nach nur einer Woche Famulatur an einer renommierten deutschen Klinik eine Facharztausbildungsstelle vom Primararzt der Gynäkologie angeboten.

Ich persönlich verstehe die Situation nicht. Wieso werden die Ausbildungsqualität und das Können der Studierenden bei einem so wichtigen, manchmal existenzbedrohenden Schritt des Widerrufs der Akkreditierung nicht detailliert überprüft, sondern nur aus Formalkriterien geschlossen, dass die Ausbildung schlecht sei?

Wieso kann daraus abgeleitet werden, dass es zu „Mängeln in der ärztlichen Berufsausübung“ kommt? Und wenn diese Prüfkriterien so wichtig sind, warum werden die öffentlichen Universitäten nicht auch einer Überprüfung unterzogen?

Wie kann ein Kriterium „der hauptberuflichen Anstellung“ mehr wiegen, als hochkarätige Vortragende zu haben, die täglich in den Operationssälen und sonstigen Bereichen ihrer Spitäler an den neuesten Operationsmethoden oder wissenschaftlichen Erkenntnissen forschen und arbeiten? Wieso muss ein Forschungsergebnis einer Person ausschließlich einer Universität zuzurechnen sein?

Dies sind nur einige Fragen, die sich ein Laie stellt. Und wieso schweigt eine Aufsichtsbehörde, deren gesetzlicher Auftrag auch die begleitende Aufsicht ist, jahrelang zu den ihr bekannten und von der SFU jährlich berichteten Studierendenzahlen? Warum fordert sie nicht sofort als erste Eskalationsstufe z. B. ein Zurückfahren der Neuzulassungen oder eine entsprechende Erhöhung der Lehrenden?

Wieso agiert man sofort mit dem härtesten Mittel, nämlich dem Entzug der Akkreditierung? Aufsicht besteht in einer konstruktiven und begleitenden Überwachung mit ständigen Kurskorrekturen, wo erforderlich. In meiner früheren Tätigkeit als Leiterin des Prüfungsreferates der Versicherungsaufsicht im Finanzministerium war dies eine Selbstverständlichkeit. In der aktuellen Situation vermisse ich diesen Zugang. Ein Chaos ist die Folge, das auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen wird. Es ist eine Verantwortung aller Beteiligten, dafür zu sorgen, dass Bachelor- wie Masterstudierende der Humanmedizin einen Abschluss erhalten können und ein Teach-Out für alle Studierenden sichergestellt wird.

Monika Brodey ist Beraterin in Wien

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