Warum Geld im österreichischen Bildungssystem zu oft versickert

Warum Geld im österreichischen Bildungssystem zu oft versickert
Bei hohem Aufwand nur durchschnittliche Ergebnisse. Mehr Geld allein wird nicht die Lösung sein. Ein Gastkommentar von Clemens Ableidinger.

Ein Sickerwitz ist ein Witz, dessen Pointe erst eine Weile „verdaut“ werden muss. Der Sickerwitz eignet sich gut als Metapher für die „Verwaltungsreformen“ des österreichischen Bildungssystems der letzten Jahre. Die Einführung der Bildungsdirektionen ist dafür ein gutes Beispiel. Fasst man die jüngste Kritik des Rechnungshofs salopp zusammen, könnte man sagen: Die Verwaltung des Schulsystems blieb so kompliziert und intransparent wie zuvor und wurde in sechs von neun Bundesländern sogar teurer. Das musste aber erst einmal sickern.

Die Bildungsdirektionen sind hybride Konstruktionen. Sie befinden sich in den Bundesländern, verwalten aber den gesamten Schulbereich. Weil es Bundes- und Landesschulen gibt, gibt es daher in den Bildungsdirektionen auch Bundes- und Landesbedienstete. So weit, so kompliziert. Während die Länder aber weitere (Landes-)Planstellen aufbauten, reduzierten sie nicht wie geplant die Anzahl der Bundesbediensteten. So wuchs die Anzahl der Vollzeitäquivalente in den Bildungsdirektionen von 1.568 im Jahr 2018 auf rund 1.930 im Jahr 2020.

Laut OECD wendet Österreich pro Schüler um fast 40 Prozent mehr Mittel auf als der Schnitt der Industrienationen. Das ist auch wesentlich mehr als der europäische PISA-Spitzenreiter Estland. Input und Output stehen also in keinem günstigen Verhältnis. Das Geld kommt nicht dort an, wo es hinsollte. Es scheint irgendwo zu versickern. Anders als in Österreich genügen die Mittel in den nordischen Staaten nicht nur, um die Verwaltung zu finanzieren, sondern auch Lehrkräfte sowie soziales, psychologisches und medizinisches Stützpersonal. Bei uns reicht es nicht einmal für die sonderpädagogische Unterstützung.

Zwar haben sich die Themen Diversität und Inklusion zu Lieblingsthemen bildungspolitischer Kommentatoren entwickelt, die Zuteilung von Ressourcen an Pflichtschulkinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf hängt aber noch an einem Berechnungsschlüssel, der über 30 Jahre alt ist – und deutlich niedriger als der Bedarf. Die Lehrergewerkschaft forderte – inhaltlich richtig – 3.000 zusätzliche Sonderpädagogen. Sie forderte aber auch zusätzliche 150 Millionen Euro. Angesichts der oben genannten „Sickerflächen“ ist es eher zweifelhaft, ob mehr Geld wirklich bei jenen ankommt, die es brauchen.

Bildung ist ein Politikfeld, wo sich Sparsamkeit eher rächt als lohnt. John F. Kennedy soll gesagt haben, dass Bildung zwar teuer, aber fehlende Bildung noch teurer ist. Wie so oft in Österreich ist es aber auch im Bildungssystem nicht so, dass zu wenig Geld da ist, sondern dass es nicht dort ankommt, wo es hinsollte, nämlich in den Schulen, bei den Schülern und Lehrern. So sind die für die Bildungsdirektionen formulierten Empfehlungen des Rechnungshofs auch relativ bescheiden. Nämlich das Anstreben – nicht das Erreichen – von Kostenneutralität. Dabei würde es völlig neuen Reformeifer benötigen, damit eben nichts mehr irgendwo versickern kann.

Clemens Ableidinger ist Projektleiter Bildung im liberalen Thinktank NEOS Lab

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