USA gegen China: Wo bleibt Europa?

USA gegen China:  Wo bleibt Europa?
Wir müssen Mitgestalter einer multipolaren Welt sein. Ein Gastkommentar von Christoph Leitl.

Die USA wollen mit allen Mitteln ihre weltweite Dominanz bewahren, China und viele andere Länder wollen sie durch Partnerschaft auf Augenhöhe ersetzen – Multipolarität statt Dominanz.

Die Amerikaner haben in den 1960er- und 1970er-Jahren über die Währungspolitik die ihnen unheimlich gewordene japanische Wirtschaftsdynamik eingebremst. China hat jedoch heute in einer vernetzten Welt andere Möglichkeiten, die amerikanischen Restriktionen zunehmend auszugleichen; durch den Aufbau von Verbindungen mit anderen Kontinenten wie Afrika und Lateinamerika, aber auch in Asien selbst. Fazit: Die Amerikaner werden die Weiterentwicklung Chinas bremsen, aber nicht aufhalten können.

Die Gefahren in dieser Entwicklung: Der „Westen“ hat zehn Prozent der Weltbevölkerung, denen stehen 90 Prozent gegenüber, die nicht eine Dominanz der zehn Prozent haben wollen. Das Dominanzstreben und damit verbundene Sanktionen werden zu Renationalisierungen in der Wirtschaft führen und internationale Kooperationen stark beeinträchtigen. Umgekehrt sorgen sich die USA und die EU vor einer Absaugung des von ihnen entwickelten Know-hows nach China und wollen dies unterbinden.

China und andere sehen in der Welthandelsorganisation WTO, ebenso in der UNO, westliche Einrichtungen, die die Spielregeln festgelegt haben, aber nun angesichts des Aufstiegs anderer Länder diese Spielregeln verändern wollen. Dazu kommt die Dominanz des US-Dollars als Weltwährung, die zunehmend infrage gestellt wird. Das alles wird zu Konflikten führen, wobei ein „Draufzahler“ dieser Konflikte bereits feststeht: Das ist Europa.

Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping hat dieser Tage gesagt: Nur Amerika und China werden das weitere Schicksal der Welt bestimmen.

Was kann Europa tun, was muss es tun? Es kann und muss dem amerikanischen und dem chinesischen Ordnungsmodell ein eigenes gegenüberstellen. Europa muss das Angebot einer ökosozialen Marktwirtschaft, die individuelle Leistung mit gesellschaftlicher Verantwortung verbindet, verdeutlichen. Es muss zeigen, dass es imstande ist, bei Innovation und Qualifikation vorne dabei zu sein, Problemstellungen wie Migration und Integration zu lösen sowie zu weltweiten Problemen wie der Klimakrise oder der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz Lösungsansätze anzubieten und dazu globale partnerschaftliche Regelungen zu finden.

Europa muss also Mitgestalter einer multipolaren Welt sein mit eigenen Initiativen, eigenen Handlungsfeldern und der Philosophie einer neuen Gemeinsamkeit mit allen Teilen der Welt. Dann können und werden wir Europäer erfolgreich sein.

Christoph Leitl ist Präsident der Europäischen Bewegung Österreich und Unternehmer, war u. a. Präsident der Wirtschaftskammer

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