Universitäten als Problemlöser

Universitäten als Problemlöser
Die Polykrise erzeugt hohe Erwartungen an leistungsstarke Unis. Ein Gastkommentar von Oliver Vitouch.

In Los Angeles ist alles larger than life – kein Wunder bei einer Stadt, die mehr Einwohner als Österreich hat. Anfang Oktober fand dort ein Arbeitsbesuch des österreichischen Wissenschaftsministers statt. Stationen waren insbesondere das Getty Research Institute, das Jet Propulsion Lab von Caltech und NASA, die private University of Southern California (USC) und die öffentliche UCLA, lauter Institutionen von globalem Format.

Das dreischichtige kalifornische Universitätssystem, 1960 von Clark Kerr konzipiert, ist bis heute eines der erfolgreichsten der Welt und verbindet – beginnend bei den Community Colleges – Durchlässigkeit mit absoluten Spitzenleistungen. Dort lässt es sich von den Besten lernen.

Österreich ist nicht Kalifornien. Die USA sind ein Niedrigsteuerland, und Spitzenuniversitäten werden auch aus privaten Zuwendungen und astronomischen Studiengebühren, die die Absolventen oft lebenslang abtragen müssen, dotiert. Österreichs Universitäten sind hingegen wie die meisten in Europa überwiegend öffentlich finanziert. Auch wenn wir von den Besten der Besten in den globalen Rankings ein Stück entfernt sind, erweist sich unser System als durchaus wettbewerbsfähig. Jüngst waren, im europäischen Maßstab, bemerkenswerte Forschungserfolge zu feiern, die für einen guten Entwicklungspfad bürgen: gleich zwei Nobelpreise mit engem Österreichbezug 2022 und 2023, 19 von europaweit 400 Starting Grants des European Research Council ERC im September, und nun 15 von 308 ERC Consolidator Grants Ende November. Wissenschafterinnen und Wissenschafter an österreichischen Universitäten und Forschungseinrichtungen spielen ganz vorne in der europäischen Champions League mit.

Auf Clark Kerr geht auch der Begriff der multiversity zurück: Schon 1963 beschrieb er, wie vielfältig die Erwartungen an eine moderne Universität sind, auf den Kernleistungen Forschung und Lehre fußend, aber weit über diese hinausreichend. Das ist grundsätzlich positiv, kann aber auch dazu führen, dass Universitäten als „Generalproblemlöser“ der Gesellschaft angesehen und mit Zielkonflikten überladen werden. Sechzig Jahre nach der Prägung des Begriffs sind die Erwartungen an die Universitäten höher und vielfältiger denn je.

Von Klimawandel bis Künstliche Intelligenz, von Wissenschafts- bis Demokratieskepsis, von Wohlstands- bis Gesundheitsvorsorge, von gesuchten Schlüsselarbeitskräften bis zur Förderung von Spin-offs: Universitäten sollen uns helfen, aus der globalen „Polykrise“ herauszukommen, und zwar pronto. Das ist manchmal ein bisschen viel verlangt. Aber Österreichs Universitäten sind leistungsstärker denn je. Also nehmen wir es mit einer tüchtigen Portion kalifornischem Optimismus: „Okay, let’s do it.“

Oliver Vitouch ist Rektor der Uni Klagenfurt und wurde diese Woche zum Präsidenten der Universitätenkonferenz uniko bis Ende 2025 gewählt

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