Tiefpunkt für den Klimaschutz

Tiefpunkt für den Klimaschutz
Mühsame Bewusstseinsbildung der letzten Jahre wird ruiniert.

Rund um das Jahr 2000 gab es in Österreich noch eine recht hohe Aufgeschlossenheit gegenüber Maßnahmen für eine klimaverträgliche Mobilität. Sogar im Landesverkehrskonzept 1997 des „schwarzen“ Niederösterreich war innovativ vom „Verkehrsparen“ mit drei Schritten die Rede: 1. Verkehr vermeiden, 2. Verkehr auf nachhaltige Verkehrsmittel verlagern, 3. verbleibenden motorisierten Individualverkehr durch Technik/Logistik umweltschonender und sicherer machen.

Auch bundesweit gab es damals gute Ansätze zur Bewusstseinsbildung für verantwortungsvolle Mobilität. Mit Autofahrerklubs und Wirtschaftskammer (WKÖ) konnte man sachlich über das Thema diskutieren – sogar über niedrigere Tempolimits. Nur die FPÖ war schon immer gegen Mobilitätsklimaschutzmaßnahmen und leugnete damals noch den Klimawandel generell.

Vor etwa fünf Jahren kam dann die Wende nach rückwärts. Teile der Auto- und Treibstoffindustrie (inkl.

E-Fuels-Lobby) und der WKÖ zogen gemeinsam mit der ÖVP alle Register des Lobbyierens, um der Bevölkerung zu suggerieren, dass sie – sofern die ÖVP (oder FPÖ?) regiert – keinesfalls ihr Verhalten ändern müsse: „Die Technologie wird alles lösen“ lautet das (falsche) Versprechen. Auch die FPÖ wirkt hier mit gleichlautenden Desinformationen eifrig mit.

Alle setzen am Phänomen an, dass sich viele Menschen vor Veränderungen bzw. der Aufgabe von Gewohnheiten fürchten: aber leider nicht mit Bewusstseinsbildung zur Steigerung der Akzeptanz der nötigen Veränderung, sondern mit der viel einfacheren Methode des Versprechens, dass alles beim Alten bleiben kann. Sogar der antiquierte Verbrennermotor könne angeblich beibehalten werden, obwohl sein Wirkungsgrad katastrophal ist: 80 Prozent des verwendeten Erdöls verpuffen nutzlos, richten sinnlos enorme Schäden an oder lösen schon am Transportweg Katastrophen aus. Mit E-Fuels wäre der Wirkungsgrad noch geringer. Ein E-Fuels-Verbrenner würde rund fünfmal mehr Strom brauchen als ein „normales“ Elektroauto. Ökologisch sinnvoller wären übrigens witterungsfeste E-Kleinfahrzeuge, kombiniert mit einfacher Ausleihmöglichkeit für größere Autos bei (seltenem) Bedarf.

Jetzt sind wir so weit, dass die ÖVP gemeinsam mit ihren Partnern und der FPÖ für antiquierte Technologie und die weitere Dominanz des Autos im Verkehr eintritt. Die mühsame Bewusstseinsbildung der letzten Jahrzehnte wurde dadurch nahezu komplett ausgelöscht und die Bevölkerung will jetzt mehrheitlich ihr Mobilitätsverhalten nicht mehr ändern – weder im Straßen- noch im Flugverkehr. Aber auch die Bundes-SPÖ ist beim Klimaschutz inaktiv und die Grünen versagen bei der Bewusstseinsbildung völlig. Auf Österreichisch: „Jetzt haben wir den Scherm auf!“

Michael Praschl befasst sich seit 1982 wissenschaftlich mit dem Klimawandel und seit 1988 beruflich mit „sicherer und nachhaltiger Mobilität“

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