Telemedizin: Wirksam gegen Hausärztemangel

Telemedizin: Wirksam gegen Hausärztemangel
Digitale Lösung für Regionen mit schwacher medizinischer Infrastruktur

Zuerst die schlechte Nachricht: Österreich gehen in zehn Jahren die Hausärzte aus.

Die gute: Der bevorstehende Mangel an Allgemeinmedizinern kann von der boomenden Telemedizin gelindert werden, denn: Die Ordination via Videotelefonie funktioniert in vielen Fällen ausgezeichnet. Vor allem für Menschen, die in Gegenden mit schwacher ärztlicher Infrastruktur leben, kann die Diagnose aus der Ferne zur Ergänzung der ärztlichen Versorgung werden.

Umgekehrt treffen telemedizinische Services auch in der Stadt, wo ein Hausbesuch des Doktors schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr ist, auf eine Angebotslücke. Und, ganz neu: Patienten, für die „Videocall“ ein Fremdwort ist, können sich in immer mehr Apotheken beim sofortigen Kontaktieren eines Doktors ohne Termin helfen lassen. Das online übermittelte Rezept wird dann umgehend eingelöst. So schnell kann´s gehen.

Die Österreichische Ärztekammer warnte bereits Ende 2019, dass in einigen Jahren mehr als ein Drittel ihrer Mitglieder im pensionsfähigen Alter sein wird, im niedergelassenen Bereich sogar die Hälfte. Jährlich gehen Stellen verloren, die mit jungen Medizinern und Medizinerinnen aktuell kaum mehr nachbesetzt werden können.

Höchste Zeit also, um Lücken in der ärztlichen Versorgung mit Hilfe neuer digitaler Angebote zu schließen. Eine „Telemed-Studie“ der Donau-Uni Krems belegt, dass in Österreich ärztliche Dienste über das Web bereits angekommen sind: Ärzte, unabhängig vom Alter, sehen in der Telemedizin viel Potenzial. Und auch Patienten schätzen laut Meinung der befragten Mediziner mehrheitlich telemedizinische Angebote. Großen Nutzen schreiben die Ärzte der effizienten Versorgung von Patienten mit längeren Anfahrtszeiten zu.

Die österreichischen Sozialversicherungen haben die Bedeutung von Telemedizin ebenfalls erkannt und rechnen mittlerweile telemedizinisch erstellte Leistungen ab. Krankmeldungen sind, abgesehen von einer kurzen Pause im Herbst 2020, seit Ausbruch der Corona-Krise uneingeschränkt elektronisch möglich.

Telemedizin ist nicht nur für Patienten, sondern auch für Ärzte attraktiv. Und zwar in allen Karrierephasen, egal ob es sich um Berufsanfänger handelt, die sich gerade einen Patientenstamm aufbauen, oder Mediziner mitten im Leben, die zwecks Work-Life-Balance im Homeoffice arbeiten möchten.

Auch in der Übergangszeit zwischen Beruf und Pensionierung können Ärzte per Videocall ihr Wissen weitergeben, ohne großen Verwaltungsaufwand und ganz nach persönlichem Zeitplan.

Für Landärzte wiederum eröffnet sich via Telemedizin die Möglichkeit, saisonale Schwankungen auszugleichen und auch weit entfernte Patienten zu behandeln. Es gibt also viele gute Gründe, verstärkt auf Telemedizin zu setzen: Ärztliche Online-Beratung funktioniert und ist praktisch.

Umstrittene Initiativen wie die Corona-Warn-App sollten die allgemeine Wahrnehmung nicht trüben: Die Digitalisierung der Medizin ist nicht aufzuhalten. Die Frage ist, ob wir in Österreich Teil davon sein können.

Clemens Billek ist Gründer und Geschäftsführer der telemedizinischen App „drd doctors online“.

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