So billig kann guter Rat sein
Geschafft. Das Vermögen Marlene Engelhorns ist verteilt und wird nun zum größten Teil guten Zwecken zugeführt. Eigentlich ging es aber um etwas ganz anderes.
Zufälle gibt’s: Das Gremium, das eine Gesellschaft repräsentieren soll, die mindestens zur Hälfte ziemlich rechte Parteien wählt, verteilt Millionen Euro an ziemliche linke politische Einrichtungen. Auch dass die Große Vorsitzende des Guten Rats noch vor Kurzem auf der Gehaltsliste des gewerkschaftsnahen Momentum Instituts stand, das nun zu den größten Profiteuren des Geldregens zählt, war sicher reiner Zufall. Das World Inequality Lab in Paris staubte 640.000 Euro ab. Ein Zufallsbürger wie Sie weiß natürlich, dass es sich dabei um die Wirkungsstätte des linken Starökonomen Thomas Piketty handelt und dass es daher von allen Ungleichheitsinstituten der Welt genau dieses sein musste.
Engelhorn kann mit ihrem Geld freilich anstellen, was sie möchte. Und dass nun Millionen bei gemeinnützigen Einrichtungen landen, die das Geld dringend brauchen, ist eine gute Sache. Wie kann man dagegen sein? Das ist es ja: Man kann es nicht. Und daher ist der größere Punkt, der mit dem ganzen Brimborium bewiesen werden sollte, gegen Kritik immun. Und was ist der größere Punkt? Lassen wir es Engelhorn selbst sagen: „Nun sind die politischen Gestalter:innen in ihrer parlamentarischen Verantwortung aufgefordert, dem gerecht zu werden, was diese repräsentative Gruppe der österreichischen Bevölkerung vorgelebt hat.“ Mit anderen Worten: Wenn der Schlechte Rat (aka Nationalrat) nicht von neoliberalen Umtrieben unterwandert wäre und sich als demokratische Institution delegitimiert hätte, dann müsste er das Staatsbudget so verteilen wie der Gute Rat. Der Gute Rat ist die neue, bessere Demokratie. Die eigentliche Herrschaft des Volkes.
Die Hufeisentheorie bewahrheitet sich einmal mehr: Die ganz rechte Seite möchte, dass das „Recht der Politik“ folgt; die ganz linke bringt erfundene Räte gegen Institutionen der Demokratie in Stellung. Aus den Mündern von Bürgerräten klingen selbst ultralinke Forderungen wie die Stimme der Vernunft.
Wie? Sie sehen das kritisch? Schämen Sie sich! Es wurde doch so viel für den guten Zweck gespendet. Auf den Rücken von fünfzig unbescholtenen Bürgern werden linke politische Botschaften geschmeidig ins Ziel bugsiert. Und die werden in den nächsten Jahren immer wieder getrommelt werden: Schaut, wie prächtig Menschen fremdes Geld verteilen können (wenn man sie dabei richtig betreut). Damit es in Zukunft noch mehr zu verteilen gibt, sollten die anderen Reichen ihr Geld ebenfalls hergeben. Und wenn sie es nicht tun, helfen wir ihnen mit der Vermögenssteuer auf die Sprünge. Sachliche Einwände werden einfach totgespendet.
In Österreich wird übrigens im Jahr rund eine Mrd. Euro für gemeinnützige Zwecke ausgegeben; oft testamentarisch. Das meiste davon passiert weitgehend geräuschlos.
Jan Kluge ist Ökonom beim wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria.
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