Salzburg: Weitere Debakel für Regierende im Anmarsch?

Am meisten Zugewinne bei der Gemeinderatswahl in Salzburg hatte Kay Michael Dankl (KPÖ); Bernhard Auinger (SPÖ) und Florian Kreibich (ÖVP) von den bisherigen Regierungsparteien fuhren Verluste ein.
Die üblichen Links-Rechts-Warnungen befeuern das Frust-Wählen weiter. Ein Kommentar von Markus Keschmann.

Mit etwas Abstand zur Salzburg-Wahl ist für mich ein Trend am auffälligsten und bundesweit am relevantesten: die Wahrscheinlichkeit weiterer Debakel für die Regierenden ist extrem hoch, unabhängig von der Couleur. Die wechselweisen Warnungen vor „links-extremen Kommunisten“ oder „rechts-extremen Faschisten“ schrecken nicht mehr ab, sondern verstärken das Frust-Wählen noch.

Das muss eine Warnung fürs ganze Politiksystem sein, besonders für Regierende. Wer viele Stimmen zu verteidigen hat, kann auch viele verlieren. Die Ergebnisse in bürgerlichen Sprengeln der Stadt Salzburg zeigen, dass Links-Rechts-Schemata oft außer Kraft gesetzt sind: Die KPÖ hat besonders bei bürgerlichen und einkommensstarken Wählerinnen und Wählern gepunktet. Wie zuletzt in Graz. In der Steiermark waren die Umfragen bisher schon ungünstig für die ÖVP, warum sollte sich nach Salzburg etwas am Trend ändern? Aber auch auf die roten Landeskaiser im Burgenland und in Wien kommen harten Zeiten zu, beide SPÖ-Landesparteien haben viele Stimmen zu verteidigen. In Wien wird es mit KPÖ/LINKS und Bierpartei sogar zwei Alternativen im linken Spektrum geben – da erscheinen Umfragen von 37 % sogar noch sehr optimistisch. Spannend ist, dass traditionelle (Oppositions-)Parteien wie die Grünen oder die Neos, in Wien auch die ÖVP, praktisch nicht von dieser Stimmung profitieren können.

Salzburg: Weitere Debakel für Regierende im Anmarsch?

Markus Keschmann

Woher kommt also diese Stimmung gegen „das System“ und die etablierte Politik? Zum Ersten hilft das dauernde Krisen-Gerede über die schweren Zeiten nicht beim Bewältigen der subjektiv wahrgenommenen Alltagssorgen. Für viele Menschen hat die Politik den Fokus verloren und bietet keine adäquaten Lösungen für den eigenen Alltag.

Zum zweiten ist die Politik – gemeinsam mit manchen Medien – in einer Art hysterischen Dauererregung gegen „Rechts-Extreme“, die Volkspartei oder den Klimawandel befindlich. Diese Hysterie wirkt abstumpfend und ermüdend. Dazu kommt ein wachsendes Misstrauen gegen die Justiz, deren Maßnahmen und Urteile immer öfter willkürlich und unausgewogen erscheinen.

Zum Dritten reagieren Regierende auf emotionale Herausforderungen meistens mit fachlich-sachlichen Antworten. Und das ist einfach die falsche Kommunikations- und Beziehungsebene. Die Menschen wollen als politisches Programm auch keine kleinkarierte Wadlbeißerei, sie wollen wissen, wohin die Reise für das Land geht. Die FPÖ zeigt vor, wie das geht: Jedes noch so kleine Thema passt in den Erzähl-Dreiklang „gegen Ausländer, gegen die EU, gegen die da oben“. Diese Konsequenz in der Erzählung führt dazu, dass die Menschen ein Bild von ihr haben. Wer kann das von der SPÖ oder den Neos sagen? Was ist deren Zukunftserzählung?

Die Menschen haben offensichtlich genug vom Krisengerede, von den ewig gleichen Stehsätzen und vor allem vom Politiktheater à la U-Ausschüsse. „Old Politics“ wird die „neuen“ Protestbewegungen jedenfalls nicht aufhalten.

 

Markus Keschmann ist politischer Kampagnen-Manager und war in verschiedenen Positionen rund 20 Jahre für die ÖVP tätig.

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