Schutz für Frauen als Chefsache

Schutz für Frauen als Chefsache
Probleme der Migration aus frauenverachtenden Gesellschaften. Ein Gastkommentar von Nina Scholz.

Seit Ende Mai sind die Urteile gegen die drei jungen afghanischen Männer, die im Juni 2021 in Wien die 13-jährige Leonie vergewaltigt und getötet hatten, rechtskräftig: 19 bzw. 20 Jahre Haft und einmal lebenslänglich. Die Diskussionen nach der Tat glichen jenen nach anderen sexuellen Gewaltdelikten durch Asylwerber. Kulturelle Prägungen der Täter in extrem frauenverachtenden Herkunftsgesellschaften werden insbesondere in linken Kreisen gern relativiert, Kriegs- und Fluchttraumata, fehlende Zukunftsperspektiven und Diskriminierungserfahrungen hingegen zu wesentlichen Faktoren in der Ursachenanalyse erklärt.

Verlautbarungen wie „Auch bei uns gibt es Frauenverachtung und Gewalt“ sind Binsenweisheiten. Diese Pauschalisierungen tragen zur Vernebelung spezifischer Ursachen bei. Selbst angesichts statistisch belegter Überrepräsentation bestimmter Gruppen Asylsuchender bei Gewaltdelikten gegen Frauen werden sie gebetsmühlenartig wiederholt. Die Angst, Rassismus zu befördern, spielt dabei die vielleicht größte Rolle. Sie verleitet zu Wunschdenken und Relativierung von mit Migration einhergehenden Problemen.

Einen nüchternen und nicht verklärenden Blick auf kulturelle Prägungen und mitgebrachte Haltungen gegenüber Frauen zu werfen, ist für eine Analyse der gesellschaftlichen Folgen unabdingbar. Selbstverständlich ist Kultur nichts Statisches, aber das sollte nicht davon abhalten, den Status quo zur Kenntnis zu nehmen.

Unterordnung

In Afghanistan wird die Unterordnung von Mädchen und Frauen in großen Teilen der Gesellschaft für richtig erachtet und mit Gewalt durchgesetzt. Das bedeutet nicht, dass jeder Einzelne diese Werte verinnerlicht hat, aber es wird bei noch so großer Anstrengung nicht möglich sein, alle von Werten und Haltungen zu überzeugen, die den mitgebrachten Vorstellungen vom guten und richtigen Leben in wesentlichen Aspekten diametral entgegenstehen. Wer Menschen nicht ernst nimmt und bestimmte Einstellungen für bloß vorübergehende Erscheinungen oder Verirrungen hält, die sich früher oder später durch die Strahlkraft von Demokratie, Pluralismus und Freiheit erledigen, verkennt die Realität. Die freie und offene Gesellschaft ist keine Umerziehungsanstalt.

Wir gehen im Allgemeinen davon aus, dass Flüchtlinge nach Europa kommen, weil sie sich hier Schutz bzw. ein besseres Leben versprechen. Wenn einige davon hier lebenden Mädchen und Frauen durch sexuelle Übergriffe, Vergewaltigungen und andere Gewalttaten das Leben zur Hölle machen, sehen wir darin zu Recht einen Angriff auf die Aufnahmegesellschaft und einen Missbrauch ihrer Offenheit. An der Duldung oder gar Einwanderung von Jugendlichen und Männern mit einer solchen Einstellung kann die Gesellschaft nicht interessiert sein, sie muss sich vielmehr davor schützen.

Nina Scholz ist Politikwissenschaftlerin und Autorin

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