Politischer Aktionismus bei Gasbevorratung

Politischer Aktionismus bei Gasbevorratung
Pläne bringen Energieversorger unter Druck

Der Krieg in der Ukraine verändert den europäischen Kontinent auf dramatische Weise. Nicht nur die Bewältigung der humanitären Katastrophe braucht unser gesamtes Engagement, auch der Umbau unseres bisherigen Energiesystems wird rasant vonstattengehen – müssen. Als ein Vertreter der heimischen Branche möchte ich auf einen Punkt eingehen, der meiner Meinung nach auf der politischen Ebene derzeit zu aktionistisch diskutiert wird: Es geht um das geplante Bevorratungsgesetz für Gas, das in den kommenden Tagen entwurfsfertig sein soll.

Darin soll den Gasspeicherbetreibern oder den Energieversorgern eine Mindestbevorratungsquote an Gas von 25 Prozent vorgeschrieben werden. Solange Österreich noch keine Alternative zu Gas hat, ist es sinnvoll, Reserven anzulegen; was derzeit ja auch geplant ist. „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ ist ein vernünftiger Leitfaden. Die Ausgangslage hat sich allerdings seit der Invasion Russlands in die Ukraine dramatisch verändert, wie auch der Blick auf die internationalen Gasmärkte zeigt. Kostete vor einem Jahr eine Megawatt-Stunde Gas ca. 17 Euro, musste die Energiewirtschaft im Jänner bereits 90 Euro pro MWh dafür bezahlen. Anfang dieser Woche waren es unglaubliche 230 Euro, die man für eine Megawatt-Stunde hinblättern musste. Tendenz steigend. Wer also jetzt für die Heizsaison 2022/2023 einkauft, zahlt um 200 Euro mehr pro MWh als noch vor einem Jahr.

Wenn die Bundesregierung jetzt ernsthaft darüber nachdenkt, Kosten wie Risiko einer gesetzlichen 25-prozentigen Bevorratung von Gas bei den Energieversorgern zu belassen, kann das für die betroffenen Unternehmen ein Fiasko bedeuten. Sie müssten jetzt am Markt zu horrenden Preisen mehr einkaufen und das teuer erworbene Gas einspeichern, aber eben zur Bevorratung und nicht schon für einen preislich festgelegten Absatz oder Verbrauch.

Eine Verwendung für andere Zwecke sei laut vorläufigem Plan der Bundesregierung nicht gestattet. Zum Bilanzstichtag müsste dieses vorrätige Gas allerdings zum aktuellen Marktpreis bewertet werden. Sollte sich der Gaspreis wieder reduzieren, dann müsste das Speichergas abgeschrieben werden und der Verlust muss in den Bilanzen realisiert werden. Ein enormes Risiko für die Unternehmen; allein in der Salzburg AG würde dies ein Minus von einem hohen zweistelligen Millionenbetrag bedeuten. Infolge könnten die Energieversorger weniger Mittel für den so dringend benötigten Ausbau von erneuerbaren und unabhängigen Energiequellen einsetzen oder müssten beim Ausbau und der Instandhaltung von wichtiger Infrastruktur Abstriche machen.

Daher lautet der dringende Appell an die Bundesregierung, bei diesem heiklen Thema reflektiert und vorausschauend zu handeln. Selbstverständlich soll es um die strategische Aufstockung von Gasreserven gehen, aber nicht zu 100 Prozent zulasten jener, die die Energiewende nun sehr rasch vorantreiben und umsetzen müssen.

Leonhard Schitter ist CEO der Salzburg AG.

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