Politik ist die Suche nach dem Gemeinsamen

Politik ist die Suche nach dem Gemeinsamen
Aber wo sind aktuell die Lösungen zu drängenden Problemen?

Haben Sie sich auch schon gefragt, was zur Halbzeit von „Schwarz-Grün“ eigentlich passiert ist? Wir haben jedes Jahr einen Gesundheitsminister verschlissen, hatten einige Skandale zu verdauen, erleben nach der dunklen Corona-Zeit einen nie da gewesenen Vertrauensverlust in die Politik. Warum? Weil wir vor riesigen Herausforderungen stehen. Richtig – wir stehen. Das Pensionssystem ist dabei zu kollabieren, die Gesundheitsmilliarde der Vorgängerregierung hat sich in Luft aufgelöst. Die Inflation frisst den Mittelstand auf und die Energiekosten die untersten Einkommensgruppen. Die Gewerkschaften streiken, die Klimakämpfer kleben, die Pflege ist ein ungelöstes Mega-Problem und eine neue Flüchtlingswelle rollt über Österreich.

Politische Antworten gibt es nicht – weil die Koalitionspartner in verschiedenen Dimensionen leben. Die Abschaffung der kalten Progression war ein wichtiger Erfolg, aber viel zu wenig, um dem heimischen Arbeitsmarkt echte Impulse zu geben. Seit 1977 ist in diesem Politikfeld wenig bis nichts passiert, dabei sind sich alle einig, dass wir mehr Menschen schneller in Arbeit bringen müssen. Und dass diese Menschen dann auch ein Erfolgserlebnis haben müssen. Die heimischen Unternehmen brauchen dringend Arbeitskräfte, starke Hände, gute Ideen, Innovation.

Doch wer soll sich ins Zeug legen, wenn man mit ein wenig Grips 70 Prozent seines Arbeitseinkommens auch ohne Arbeit lukrieren kann? Dazu kommt eine Zuverdienstgrenze bzw. Geringfügigkeitsgrenze von 485,85 Euro brutto pro Monat.

Sie sorgt dafür, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter nur auf Geringfügigkeitsbasis bekommen, denn mit wenigen Arbeitsstunden können Arbeitslose mehr verdienen als in Vollbeschäftigung. Deshalb würde es Sinn machen, diese Zuverdienstmöglichkeit abzuschaffen bzw. drastisch zu reduzieren.

Darüber hinaus muss das Arbeitslosengeld anfangs hoch bemessen sein als Schutzschirm, dann aber stark degressiv wirken, um die Menschen in die Arbeit zurückzufedern. Wirtschaftsminister Kocher hat all das bereits vorgeschlagen, die Chancen auf Umsetzung sind jedoch gering.

Wer eine konsequente und leistungsorientierte Arbeitsmarktpolitik ablehnt, hat den Sinn des Arbeitslosengeldes nicht verstanden und blockiert mit Sozialromantik Menschen dabei, zurück in die Arbeit zu finden. Wann, wenn nicht in einer echten Krise kann eine ambitionierte Bundesregierung strukturelle Reformen für die Zukunft Österreichs implementieren. Verpassen wir diese Chance, dann stolpern wir nur von einer Krise in die nächste, denn letztlich hängt unser gesamter Wohlfahrtsstaat, Pensionen, Gesundheit und Pflege von unserer Volkswirtschaft ab. Die Leidtragenden eines politischen Wachkomas werden alle Steuerzahler sein und vor allem unsere Kinder. Unsere Politik muss fähig sein, Reformen umzusetzen, statt ideologische Grabenkämpfe zu führen. Passiert das nicht, wird der Frust viele an die politischen Ränder zentrifugieren.

Ralf-Wolfgang Lothert ist Mitglied der Geschäftsleitung von JTI Austria und langjähriges CDU-Mitglied.

Kommentare