ÖBAG neu – Lessons learned?
Die ins Gerede gekommen ÖBAG steht wohl wieder vor einem Neuanfang. Wenn man ihre Entwicklung über die Jahrzehnte in den Modellen ÖIAG, ÖBIB und ÖBAG analysiert, kann man doch einige positive Punkte für die Zukunft herausarbeiten: Strebt man eine gewisse Politikferne und Unabhängigkeit an, dann steht wohl die Gesellschaftsform einer AG außer Frage.
Die Regierung definiert den Eigentümervertreter als Hauptversammlung, der die langfristige Strategie und wirtschaftliche Ausrichtung der ÖBAG festlegt. Die für den Aufsichtsrat (AR) zu bestellenden Kapitalvertreter findet man wohl am besten unter Anwendung der für AGs gut etablierten „Selbstkooptierung“ des Aufsichtsrates. Das heißt: Der AR und sein Vorsitzender nominieren selbst die Kandidaten, die dann von der Hauptversammlung bestellt werden.
Leicht abgeändert ist das eine Reanimierung der sich selbst erneuernden Aufsichtsräte der ehemaligen ÖIAG. Die Personalvertreter sollten weiterhin aus den großen Beteiligungsbetrieben und nicht aus der ÖBAG selbst kommen.
Dieser so bestellte ÖBAG AR wählt gemäß den Bestimmungen der „Selbstorganisation“ den Vorsitzenden und besetzt die entsprechenden Ausschüsse.
Sinnvollerweise begibt sich der Nominierungsausschuss dann auf die Suche nach zwei VorständInnen. Ein Alleinvorstand ist allein schon aus Compliancegründen und aufgrund der Größe des Portfolios nicht zielführend. Idealerweise werden von den beiden Vorstandsfunktionen die Bereiche Finanzen, Kapitalmarkt, Digitalisierung, Strategie gut abgedeckt und durch breite operationale Führungserfahrung ergänzt.
Politikerfahrung ist hilfreich, aber sekundär. Die Vorstände sind in den Beteiligungsfirmen an führenden Stelle in deren ARs und Ausschüssen präsent und sorgen damit für eine kohärente, strategiekonforme Governance. Dabei werden sie von qualifizierten Beteiligungsmanagern aus der ÖBAG unterstützt. Sie sind also keine „Verwalter“, sondern wichtige Führungskräfte. Dementsprechend hat die Bezahlung eine variable Komponente; die dazugehörigen Zielvorgaben inkludieren z. B. Wertsteigerung der Beteiligungsfirmen, Diversitäts- und Nachhaltigkeitsvorgaben.
Abgerundet könnte das Wirken der ÖBAG neu noch durch die Gründung eines Start-up-Centers werden, das mit einem kleinen Teil der erwirtschafteten Dividende alimentiert wird. Wenn man
die volkswirtschaftliche Wirkung noch erweitern will, könnte man natürlich – unter Verwendung eines größeren Anteils an der Dividende und nach Verabschiedung einer neuen „Chapter 11“-Regelung – durchaus an die Neugründung der GBI (vulgo Pleiteholding) denken. So gesehen und mit ein bisschen Fantasie und Flexibilität sind der positiven Entwicklung der ÖBAG nicht wirklich Grenzen gesetzt.
Rainer Wieltsch war Vorstand des ÖBAG-Vorgängers ÖIAG.
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