Menschliche Sicherheit bringt Stabilität
Während weiter Menschen im Krieg gegen die Ukraine getötet, Millionen vertrieben, Menschenrechte mit Füßen getreten werden, rüstet Europa Verteidigungsbudgets massiv auf. Deutschland hat mit 100 Mrd. Euro ein besonders finanzstarkes Paket für die Bundeswehr angekündigt, auch Österreichs Regierung diskutiert über Aufstockungen.
Ein zentrales Element, die menschliche Sicherheit, fehlt jedoch in der Aufrüstungsdebatte. Das von der UNO geprägte Konzept hilft den Blick zu weiten und zu umfassender Stabilität beizutragen. Es stellt den Schutz des Individuums und seiner Menschenwürde sowie nachhaltige menschliche Entwicklung in den Mittelpunkt.
Menschliche Sicherheit umfasst Ernährungs- und Umweltsicherheit, gesundheitliche, wirtschaftliche und politische Sicherheit, persönliche sowie gesellschaftliche Sicherheit. Wie wichtig es wäre, diese Dimensionen von Sicherheit zu beachten, zeigen letztlich auch die Dominoeffekte des Ukrainekrieges: Aufgrund des Entfalls der ukrainischen Weizenproduktion drohen explodierende Lebensmittelpreise und in Folge Hungersnöte, vor allem in Ländern Afrikas und des Nahen Ostens, in denen die Klimakrise bereits ganze Ernten vernichtet. Eine hungernde und arme Bevölkerung könnte fragile Staaten, die wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der COVID-19-Pandemie noch längst nicht überwunden haben, weiter unter Druck bringen.
Schätzungen zufolge könnte die Zahl hungernder und extrem armer Menschen (also Menschen, die höchstens von 1,60 Euro pro Tag leben) auf über eine Milliarde ansteigen. Diese Dominoeffekte zeigen beispielhaft, wie sich fehlende Ernährungs- und gesundheitliche Sicherheit auf das Leben von Millionen Menschen in krisengebeutelten Weltregionen auswirken.
Angesichts globaler, sich gegenseitig verstärkender Krisen – bewaffnete Konflikte, COVID-19, Klimakrise sowie steigende Armut – sind Regierungen also gut beraten, alle Dimensionen menschlicher Sicherheit gleichermaßen zu berücksichtigen und politisch sowie budgetär zu gewährleisten.
Den besten Schutz vor Feuer bieten ja nicht nur Feuerlöscher, sondern vor allem umfassende Brandschutzmaßnahmen, die Brände verhindern. Letztlich geht es also darum, nachhaltige Sicherheit durch umfassende Maßnahmen zu ermöglichen: Investitionen, beispielsweise in Gesundheits- und Bildungssysteme sowie in langfristige Strategien für Armutsbekämpfung und Ernährungssicherheit sind unerlässlich, um multiplen Krisen und ihren Dominoeffekten vorzubeugen, sie einzudämmen oder zu bewältigen. Setzt die Staatengemeinschaft jetzt nur auf traditionelle, militärische Sicherheitskonzepte, werden zusätzliche Konflikte entstehen.
Wir werden nur in Frieden und Sicherheit leben können, wenn alle Menschen in menschlicher Sicherheit leben können. Anders formuliert: Wir sind erst sicher, wenn alle sicher sind. Nur das ist ein Garant für Stabilität.
Annelies Vilim ist Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung
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