Mehr EU-Engagement für Religionsfreiheit

Mehr EU-Engagement für Religionsfreiheit
Wir brauchen Mittel im Einsatz für ein Grundrecht

Für die allermeisten Menschen auf der Welt ist ihr Glaube ein zentraler Bestandteil ihrer Identität und ihres Lebenssinns. Dafür fehlt uns in der EU allenthalben der klare Blick.

Während vor wenigen Tagen zu Fronleichnam durch zahlreiche Straßen Österreichs Fronleichnamsprozessionen zogen, wäre Religionsausübung wie diese in vielen Teilen der Erde unmöglich oder sehr gefährlich. Nicht beten zu dürfen (oder nicht die Religion kritisieren zu dürfen, oder beides nicht zu dürfen), nicht Gemeinschaft bilden, singen oder die eigenen Kinder in diesen wichtigen Fragen der Identität unterrichten zu dürfen, kommt Amputation für die Seele wichtiger Organe gleich.

Erstens ist jeder Mensch gleich viel wert: Menschenwürde und Freiheitsrechte gehören zu den von der EU vertretenen Werten.

Zweitens sollten wir die Lehren aus den Ereignissen unserer Tage – Stichwort Angriffskrieg – sowie aus Jahrzehnten der Verwerfungen etwa durch Migration und brüchige Lieferketten gezogen haben oder jetzt ziehen: Irreguläre Systeme – also etwa solche, von denen die oben erwähnten Werte nicht anerkannt werden – tendieren auch zu Gewalt nach außen, und man kann ihnen nicht trauen. Sie sind systemisch auf Lügen aufgebaut.

Und: Es ist auch für unsere Freiheit und unsere Chancen in der EU relevant, ob die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen in anderen Teilen der Welt gewahrt sind. Positiv ist, dass etwa die USA und Deutschland als maßgebliche Akteure der freien Welt Regierungsfunktionen für den Einsatz für weltweite Religionsfreiheit eingesetzt haben und mit angemessenem Ressourceneinsatz wichtige Beiträge leisten.

Negativ ist, dass die EU-Kommission in der Vorperiode zwar einen Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit eingesetzt hatte, den ehemaligen EU-Kommissar Ján Figel, dieser aber Zeit seiner Tätigkeit über einen enormen Mangel an Ressourcen für seine Arbeit klagen musste.

Völlig unverständlich ist, dass die gegenwärtige EU-Kommission eine Nachbesetzung zuerst lange hinausgezögert hatte, dann mit Christos Stylianides, der nach wenigen Wochen in die griechische Regierung einzog, eine Kurzzeitlösung – auch mit Ressourcenmangel – gefunden hatte, und nun seit Herbst eine Vakanz verantwortet, die durch nichts zu rechtfertigen ist.

Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus zahlreichen Mitgliedsstaaten fordern wir durch die parlamentarischen Mittel dringend die Nachbesetzung und angemessene Ressourcenausstattung ein.

Seitens des EU-Parlaments gibt es mit Vizepräsidentin Nicola Beer eine versierte Beauftrage für Religionsfreiheit. Wir schätzen die Zusammenarbeit. Aber auch eine Parlamentarierin mit vielen Pflichten, auch wenn sie exzellent arbeitet, ersetzt nicht eine Kommissionsstelle mit Spezialisierung und Mittelausstattung.

Lukas Mandl ist österreichischer EU-Abgeordneter (ÖVP).

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