Kinder vor Islamismus schützen
Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG), eine aus der Türkei stammende islamistische Organisation, stellt in Österreich unter der Bezeichnung „Islamische Föderationen“ mit 52 Moscheen den zweitgrößten Moscheeverband. In Wien betreibt sie zudem Kindergärten und Schulen. Die IGMG, die von Köln aus ihr weltweites Netzwerk steuert, wird vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet. Jener von Baden-Württemberg beschreibt sie als „größte und bedeutendste Organisation“ des legalistischen islamistischen Spektrums. Mit ihrer legalistischen Strategie verfolge sie „das Ziel, normativen Vorgaben der Religion innerhalb der bestehenden Rechtsordnung langfristig Geltung zu verschaffen und sie gesellschaftspolitisch zu verankern.“
Die Milli Görüş wurde Anfang der 1970er Jahre von Necmettin Erbakan gegründet. Erbakan sah, analog zur Muslimbruderschaft, im Islam eine ganzheitliche Lösung für alle Probleme der Menschheit. Nur eine Rückkehr zum „wahren Glauben der ersten Generationen“ und die Befreiung von unislamischen Einflüssen könne die islamischen Gesellschaften aus der Krise führen. Wie alle Islamisten strebte er eine Islamisierung der ganzen Welt an.
Erbakans Denken war zudem von antisemitischen Verschwörungstheorien durchdrungen. In der EU und internationalen Organisationen wie dem IWF oder der Weltbank sah Erbakan Konstrukte zur Sicherung der „geheimen Weltmacht“ der Juden. Das eigentliche Ziel der Juden sei es, alle muslimischen Nationen ins Chaos zu stürzen. Schon Theodor Herzl habe dieses Ziel formuliert. Der Jude, so Erbakan, wolle den „Dschihad-Geist der Muslime“ auslöschen, weil er wisse, dass die Seele des Islam der Dschihad sei. Hier zeigt sich nicht nur ein Hass auf Juden, sondern auch ein äußerst problematisches Islamverständnis. In einem Interview mit der Welt sagte Erbakan noch 2010, ein Jahr vor seinem Tod: „Seit 5700 Jahren regieren die Juden die Welt. Es ist eine Herrschaft des Unrechts, der Grausamkeit und der Gewalt.“
Seiner Verehrung tut das keinen Abbruch. Erbakan gilt nach wie vor als „großer Lehrer“ und Vorbild für die Jugend. Rund um seinen Todestag am 27. 2. finden europaweit Gedenkveranstaltungen statt. Von einzelnen Jugendgruppen wird dabei auch auf Hassreden Erbakans Bezug genommen. Bis 2022 war etwa auf der Facebook-Seite der IGMG-Jugend Hannover folgendes Erbakan-Zitat zu lesen: „So wie Satan die Existenz und Macht Allahs kennt, so versucht der zionistische Jude mit all seiner Macht, den Dschihad-Geist der Muslime auszulöschen (...).“ Das Posting wurde erst nach Medienberichten gelöscht.
Man könnte es verantwortungslos nennen, dass eine Organisation, die aus ihrer Verehrung für einen Islamisten und Antisemiten kein Hehl macht, in Österreich die Möglichkeit erhält, Kinder und Jugendliche in Kindergärten und Schulen zu unterrichten.
Nina Scholz ist Politikwissenschaftlerin und Autorin.
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