(Keine) Karriere als Lehrer*in?
Bereits vor Jahrzehnten kursierte in Österreich der Slogan “Karriere mit Lehre“. Es war der Versuch, den Lehrberufen eine Imagepolitur zu verpassen. Mittlerweile hat sich allerdings nicht nur der Fachkräftemangel weiter verschärft, sondern es wird auch händeringend Lehrpersonal für Schulen gesucht. Bildungspolitik und Bildungsadministration versuchen nun eher kurzfristig, das vernachlässigte Problem über reformierte Ausbildungs- und Zugangsbedingungen zu lösen: So sollen das Studium verkürzt und der Berufseinstieg vorgezogen werden.
Mindestens so wichtig wäre es jedoch, die Arbeitsbedingungen für Lehrer*innen zeitgemäßer auszugestalten. Im Kern ist die Schule nämlich noch in bürokratischen Steuerungsstrukturen einer ministeriellen Mechanik gefangen – was unter den Bedingungen der gegenwärtigen globalisierten Gesellschaft wenig angemessen erscheint. Doch damit nicht genug: Ständig droht Überfrachtung mit neuem administrativen Aufwand. Während „Qualitätsmanagement“ für Schulen grundsätzlich eine sinnvolle Sache ist (und seit jeher die Aufgabe der Schulaufsicht sein sollte), werden entgegen allen Ankündigungen die bisherigen Steuerungssysteme in der Regel nicht ersetzt, sondern nur ergänzt. Wesentliche Voraussetzung für solche strukturellen Reformen wäre es aber, einzelne Schulstandorte endlich als formal organisierte, teilweise autonome Systeme anzuerkennen und mit entsprechenden Freiheiten für ihre interne Selbstorganisation auszustatten.
Damit ließen sich Führung (oder sogar Management) erwarten, sowie ausdifferenzierte Binnenstrukturen mit echten Karrierepfaden (und nicht nur unbeliebte, oft unentgeltliche Zusatzaufgaben) schaffen. Beides könnte dazu beitragen, sowohl Qualität und Effizienz des Ressourceneinsatzes im Schulbetrieb als auch nicht zuletzt zugleich die Attraktivität des Berufs für engagierte und motivierte zukünftige Lehrer*innen zu steigern. Für viele mag das in der Tat utopisch klingen, denn wir haben uns daran gewöhnt, in unserem Schulsystem eine „österreichische Lösung“ zu sehen. So wird ein eher mäßiges Gehalt für das Lehrpersonal (ohne substanzielle Leistungsanreize) kompensiert durch lange Ferien (in denen aber auch der Urlaub geplant werden muss) und die Möglichkeit, einen großen Teil der Arbeit zuhause zu erledigen (während zugleich die Ausstattung mit nötigen Arbeitsmitteln weitgehend privat finanziert werden muss und vollwertige Arbeitsplätze in der Schule nur wenigen zur Verfügung steht). Kurz: Die lange Liste an Kompromissen macht das Eingreifen in komplexe Zusammenhänge fast unmöglich. Dass all dies eine „Karriere als Lehrer*in“ sowohl für regulär ausgebildete Lehrer*innen als auch für provisorisch geschulte Quereinsteiger*innen aus anderen beruflichen Feldern nicht unbedingt attraktiv macht oder dass sich mittlerweile sogar die Suche nach Schulleiter*innen zunehmend schwierig gestaltet, überrascht ebenfalls kaum und sollte eigentlich die Alarmglocken läuten lassen.
Paul Reinbacher ist Professor für Bildungs- und Qualitätsmanagement an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich
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