Ist TikTok öffentlich-rechtlich?

Ist TikTok öffentlich-rechtlich?
Welche Parameter eine ORF-Gesetzesreform berücksichtigen muss

Die Polizei braucht Nachwuchs. Sie will diesen auch per TikTok finden. TikTok hilft also bei der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, kreiert Public Value. Ist TikTok deshalb öffentlich-rechtlich? Natürlich nicht. Genauso wenig, wie ein Programm automatisch öffentlich-rechtlich wird, nur weil der ORF es sendet. Zwischen den Begriffen Öffentliche Aufgabe, Öffentlich-rechtlich und Public Value muss also in der derzeitigen Diskussion um die zukünftige Finanzierungsform des ORF und der Medienförderung sauber unterschieden werden. Anspruch auf garantierte Finanzierung kann nur über einen klaren, öffentlich-rechtlichen Auftrag entstehen. Das bedeutet, dass im Zuge der vom Verfassungsgerichtshof vom Gesetzgeber geforderten Neuordnung auch eine klare, zeitgemäße (und verfassungskonforme) Definition der vom ORF geforderten Leistung und ihrer Finanzierung erfolgen muss.

Darüber hinaus muss der Gesetzgeber auch festlegen, welche zusätzlichen Aktivitäten dem ORF erlaubt sind und welche Finanzierungsquellen er in welchem Ausmaß dafür nutzen darf. Diese klaren Festlegungen sind notwendig, weil die bestehenden gesetzlichen Definitionen nicht ausreichend widerspiegeln, wie sich die mediale Landschaft, vor allem durch die digitale Transformation unserer Gesellschaft entwickelt hat.

Sie müssen auch darauf Rücksicht nehmen, dass wir in Europa eine etablierte duale Rundfunklandschaft haben. In einer solchen ist es wichtig, für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgabe Bestands- und Entwicklungsgarantien zu geben. Ebenso wichtig ist es aber auch, dem privatwirtschaftlichen Teil dieses Systems den Raum und die Möglichkeiten zu geben, in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld – das immer stärker globaler Konkurrenz unterworfen ist – bestehen und sich weiterentwickeln zu können. Ohne ein klares Bekenntnis zu diesem dualen System kann es keine sinnvollen Lösungen geben. Für die unstrittige öffentliche Aufgabe der Versorgung der Gesellschaft mit Information und Diskussion sind beide Teile des dualen Systems verantwortlich. Darum gibt der Gesetzgeber ja nicht nur dem öffentlich-rechtlichen, sondern auch dem privaten Rundfunk eine Reihe von Richtlinien vor. Für die Finanzierung bzw. Förderung dieser demokratisch so wichtigen Aufgabe stehen die Instrumente der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender durch die Allgemeinheit einerseits und die Möglichkeiten der Medienförderung andererseits zur Verfügung. Die Fragen der gesetzlichen Ausgestaltung dieser Regelungen sind auch demokratiepolitische Grundsatzfragen, die jenseits von parteipolitischem Hickhack gelöst werden sollten; in Abwandlung des Kennedy-Satzes formuliert: „Frage nicht, was die Medien für die Parteien tun können, sondern was die Parteien für die Medien tun können“!

Rudi Klausnitzer gründete Ö3, leitete führende Medien im In- und Ausland und ist Agentur-Inhaber.

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