Hohes Gut der Staatsbürgerschaft

Hohes Gut der Staatsbürgerschaft
Auch aus kinderrechtlicher Sicht braucht Österreich eine Weiterentwicklung

„Und Papa, wie wirst du jetzt heißen?“ – „Hans Steinschädel“ antwortete mein Mann lachend. Wenige Minuten zuvor hatte „der Papa“, Oscar Garcia Marquez, in der Wiener Magistratsabteilung 35 von einem Blatt Papier abgelesen: „Ich gelobe, dass ich der Republik Österreich als getreuer Staatsbürger angehören, ihre Gesetze stets gewissenhaft beachten und alles unterlassen werde, was den Interessen und dem Ansehen der Republik abträglich sein könnte und bekenne mich zu den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft.“

Das war der Endpunkt von drei langen, mühsamen Jahren ab dem Moment der Antragstellung. Die Kosten für den gesamten Prozess in der Höhe von insgesamt 1.368,17 Euro hatte auch ein „Papa“ übernommen, der meinige, Schwiegervater des Neo-Österreichers.

Wir konnten uns die Staatsbürgerschaft nicht locker leisten, trotz österreichischer Akademikerin-Ehefrau, trotz Berufstätigkeit beider Elternteile, trotz hochprivilegierter Wohnsituation. Das „hohe Gut der Staatsbürgerschaft“ dürfte zumindest unsere jüngste Tochter, damals fünf Jahre alt, beeindruckt haben.

Evita kombinierte messerscharf: „Wenn der Papa jetzt nicht mehr Guatemalteke, sondern Österreicher ist, dann muss er wohl auch einen neuen Namen bekommen.“ Oscar Garcia Marquez vulgo Hans Steinschädel.

Von „Entwertung der Staatsbürgerschaft“ spricht Kanzler Kurz, von „massivem Pull-Effekt“ Innenminister Nehammer, von einer „halben Million Einbürgerungsberechtigten auf einen Schlag“ Integrations- und Jugend(!)ministerin Raab zum jüngsten SPÖ-Vorstoß zur Weiterentwicklung des Staatsbürgerschaftsrechts.

Der Vorschlag lautet schlicht, dass es bereits nach sechs statt nach 10 Jahren rechtmäßigem Aufenthalt in Österreich einen Rechtsanspruch auf den Erwerb der Staatsbürgerschaft geben soll. Und zwar nur, wenn alle weiteren Kriterien erfüllt sind, also Unbescholtenheit und Wohlverhalten, Einkommen, Deutschkenntnisse, Staatsbürgerschaftslehrgang. Ein in Österreich geborenes Kind soll automatisch bei Geburt die Staatsbürgerschaft bekommen, wenn zumindest ein Elternteil fünf Jahre legal im Bundesgebiet aufhältig ist. Also bitte, werter Herr Bundeskanzler, das ist sicher keine Entwertung! Laut der MIPEX-Studie, die den Zugang zur Staatsbürgerschaft in 52 Staaten vergleicht, ist es in keinem Land schwieriger als in Österreich, die Staatsbürgerschaft zu erwerben. Sind wir allein deswegen ein gerechteres, friedlicheres, glücklicheres Land?

Es ist höchst an der Zeit für eine ruhige und besonnene Diskussion aller Ideen, fern jeglichen parteipolitischen Hickhacks! Was heißt das alles für die Kinder in unserem Land? Für Faruk, Anila, Rafael, Vincent, Majda oder Katharina? Für Jugendliche, die alle laut unserer Verfassung das Recht haben, mitzubestimmen, von politischen Wahlen aber wegen fehlender Staatsbürgerschaft ausgeschlossen sind? Sie haben es jetzt schon aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft und auf Grund ihrer Namen schwerer oder eben leichter bei uns. Das müssen wir ändern.

Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez koordiniert das Netzwerk Kinderrechte Österreich.

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