Über das Gottvertrauen in schwierigen Zeiten

Hoffen auf Hilfe am Strand von Gaza
In aller Regelmäßigkeit geht unsere Welt unter – und dennoch lebt sie weiter. Ein Gastkommentar von Markus St. Bugnyár aus Jerusalem.

Die Herren Jünger haben Angst, das Schicksal ihres Meisters teilen zu müssen und ebenso verleumdet zu werden. Einzig die Frauen begleiten ihn unter dem Kreuz. Sie werden auch die Ersten sein, die ihn als den Auferstandenen sehen: die Bestätigung ihrer innigsten Hoffnung. Offenbar haben sie weniger Angst und deutlich mehr Gottvertrauen, dass sich auch das Scheußlichste noch zum Guten wenden kann.

Gottvertrauen ist unserer Zeit vonnöten. Nicht nur Frömmlern gibt es Halt, auch Zweiflern hilft es auf die Sprünge. In aller Regelmäßigkeit geht auch unsere Welt unter; zumindest fühlt es sich so an. Da drohen Enttäuschungen in Partnerschaften, Herausforderungen im Arbeitsleben und uns allen die nächste Stromrechnung. Ein Krieg in Europa bereitet uns Kopfzerbrechen, Nachrichten über politische Spannungen und ein neues Aufrüsten erregen die Gemüter.

Über das Gottvertrauen in schwierigen Zeiten

Markus St. Bugnyár ist Rektor des Österreichischen Hospizes zur Heiligen Familie in Jerusalem.

Ein fühlbares Misstrauen prägt unseren Alltag, gegenüber Medien und Nachrichten, der Regierung und der Politik. Die Gratwanderung zwischen Fake News und Vorverurteilungen auf „sozialen Netzwerken“ wird durch Künstliche Intelligenz zur täglichen Prüfung. Komplexe Sachverhalte übersteigen das analytische Vermögen des Einzelnen und befördern einfache Antworten für die breite Masse. Sachliche Nüchternheit ist unser Herangehen nicht mehr, Emotionen und Befindlichkeiten bestimmen die Diskussion. Jede Verschwörungstheorie dünkt uns plausibler als das Eingeständnis, dass sich uns vieles in unserem Leben entzieht.

In aller Regelmäßigkeit geht unsere Welt unter – und dennoch lebt sie weiter und wir in ihr. Bloß in welcher Qualität? Frohgemut oder apokalyptisch?

Während das Heilige Land in Gewalt versinkt, feiern wir Ostern in Jerusalem. Israel steht seit dem 7. Oktober unter einem kollektiven Schock, der alte Wunden aufreißt und neuen Hass befördert. Palästinenser in Gaza wie in der Westbank stehen vor einer Zeitenwende, die nichts Gutes verheißt. Und dennoch predigen wir euch Hoffnung! Auf ein Leben nach dem Untergang.

Gottvertrauen ist keine Sache des Glaubens allein. Gottvertrauen ist eine Frage der Entscheidung. Entscheide ich mich, allem Augenschein zum Trotz, am Guten festzuhalten? Gottvertrauen ist ebenso tägliches Einüben, sodass das Böse nicht Macht über mich gewinnt. Sodass ich einfache Antworten durchschaue, dem Nächsten vertraue und mich selbst achte.

Gottvertrauen – das Vertrauen darauf, dass letztlich alles einen Sinn hat und zu einem guten Ende kommen wird – fehlt unserer Zeit. Sie entlastet das mentale Joch auf unserer Schulter: Da ist einer, dem wir trotz allem vertrauen dürfen.

Die Herren Jünger glaubten den Frauen zunächst nicht. Würden wir auch nicht, angesichts des Todes. Erst als sie selbst Jesus gegenüberstehen, fassen sie wieder Mut. Erst wenn wir ihm begegnen, kann sein Licht unser Dunkel erhellen.
 

Markus St. Bugnyár ist Priester der Katholischen Kirche und Rektor des Österreichischen Hospizes zur Heiligen Familie in Jerusalem.

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