Gastkommentar: Schutz für Frauen als Chefsache

Gastkommentar: Schutz für Frauen als Chefsache
Probleme der Migration aus frauenverachtenden Gesellschaften (Von Nina Scholz, Politikwissenschaftlerin und Autorin).

Seit Ende Mai sind die Urteile gegen die drei jungen afghanischen Männer, die im Juni 2021 in Wien die 13jährige Leonie vergewaltigt und getötet hatten, rechtskräftig: 19 bzw. 20 Jahre Haft und einmal lebenslänglich. Die Diskussionen nach der Tat glichen jenen nach anderen sexuellen Gewaltdelikten durch Asylwerber, etwa der Gruppenvergewaltigung einer türkischen Austauschstudentin in einer öffentlichen Toilette am Wiener Praterstern im Frühjahr 2016.
 

Kulturelle Prägungen der Täter in extrem frauenverachtenden Herkunftsgesellschaften werden insbesondere in linken Kreisen gern relativiert, Kriegs- und Fluchttraumata, fehlende Zukunftsperspektiven und Diskriminierungserfahrungen hingegen zu wesentlichen Faktoren der Ursachenanalyse erklärt. Verlautbarungen wie „Auch bei uns gibt es Frauenverachtung und Gewalt“ oder „Es sind in allen Fällen Männer, die Frauen töten“ sind Binsenweisheiten. Diese Pauschalisierungen tragen zur Vernebelung spezifischer Ursachen bei. Selbst angesichts statistisch belegter Überrepräsentation bestimmter Gruppen Asylsuchender bei Gewaltdelikten gegen Frauen und augenfälliger Vorkommnisse seit der Kölner Silvesternacht 2015 werden sie gebetsmühlenartig wiederholt. Die Angst davor, Rassismus zu befördern, spielt dabei die vielleicht größte Rolle. Sie verleitet zu Wunschdenken und Relativierung von mit Migration einhergehenden Problemen.

Afghanistan zählt zu den für Mädchen und Frauen gefährlichsten Ländern der Welt. Wie in vielen anderen islamisch geprägten Ländern herrscht ein mitunter extrem frauenfeindliches gesellschaftliches Klima vor. Das bestätigen nicht nur regelmäßige Monitorings - etwa von Global Citizen -, sondern auch Berichte mutiger Frauen, die in den entsprechenden Ländern unter größten Gefahren für Veränderung kämpfen und oft genug auch vor der eigenen Familie und dem sozialen Umfeld fliehen müssen.

Einen nüchternen und nicht verklärenden Blick auf kulturelle Prägungen und mitgebrachte Haltungen gegenüber Frauen zu werfen, ist für eine Analyse der gesellschaftlichen Folgen unabdingbar. Selbstverständlich ist Kultur nichts Statisches, aber das sollte nicht davon abhalten, den Status Quo zur Kenntnis zu nehmen.

Unterordnung

In europäischen Demokratien besteht heute weithin ein Konsens darüber, Gleichberechtigung von Männern und Frauen zu verwirklichen, was sich auch in Politik und Gesetzgebung manifestiert. In Afghanistan hingegen wird die Unterordnung von Mädchen und Frauen nicht nur geduldet, sondern in großen Teilen der Gesellschaft für richtig erachtet und mit Gewalt durchgesetzt, was sich ebenfalls in Gesetzen manifestiert – ein Unterschied ums Ganze.

Das bedeutet nicht, dass jeder Einzelne diese Werte verinnerlicht hat, aber es wird bei noch so großer Anstrengung nicht möglich sein, alle von Werten und Haltungen zu überzeugen, die den mitgebrachten Vorstellungen vom guten und richtigen Leben in wesentlichen Aspekten diametral entgegenstehen. Wer Menschen nicht ernst nimmt und bestimmte Einstellungen für bloß vorübergehende Erscheinungen oder Verirrungen hält, die sich früher oder später durch die Strahlkraft von Demokratie, Pluralismus und Freiheit erledigen, verkennt die Realität. Die freie und offene Gesellschaft ist keine Umerziehungsanstalt.

Wir gehen im Allgemeinen davon aus, dass Flüchtlinge nach Europa kommen, weil sie sich hier Schutz bzw. ein besseres Leben versprechen. Wenn einige davon hier lebenden Mädchen und Frauen durch sexuelle Übergriffe, Vergewaltigungen und andere Gewalttaten das Leben zur Hölle machen, wie das in den eingangs genannten Beispielen der Fall war, sehen wir darin zu Recht auch einen Angriff auf die Aufnahmegesellschaft und einen Missbrauch ihrer Offenheit. Männer wie die Mörder von Leonie sollten nach Verbüßen ihrer Strafe auch aus generalpräventiven Gründen konsequent abgeschoben werden, wo immer das im Rahmen des Gesetzes möglich ist. An der Duldung oder gar Einwanderung von Jugendlichen und Männern mit einer solchen Einstellung kann die Gesellschaft nicht interessiert sein, sie muss sich vielmehr davor schützen.

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