Erbschaftsteuer: Ja, aber mit Maß

Erbschaftsteuer: Ja, aber mit Maß
Ein Blick nach Italien zeigt, dass man eine solche Steuer auch so einführen kann, dass der Mittelstand nicht übermäßig geschädigt wird. Ein Gastkommentar von Peter Hilpold.

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist derzeit das politische Kampfthema schlechthin in Österreich. Während in der Bevölkerung ein breiter Konsens für eine solche Steuer zu bestehen scheint (insbesondere, wenn sie einen selbst nicht oder nur marginal treffen sollte), steckt der Teufel im Detail.

Die Gefahr ist groß, das Kind mit dem Bade auszuschütten, dass sich eine vorgeblich zugunsten von Einkommensschwachen und den Mittelstand eingeführte Steuer schließlich genau gegen diese wendet.

Im politischen Wettbewerb sind Vorschläge in diese Richtung damit nicht ungefährlich: Sehr rasch kann ein gut gemeinter Entwurf zum absoluten Minderheitenprogramm werden. Der aktuelle Vorschlag des SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler brachte Bewegung in die Diskussion. Aber die Diskussion hat gerade erst begonnen und diesbezüglich könnte ein Blick über die Grenze durchaus hilfreich sein.

Blick nach Italien

Dabei muss nicht unbedingt Deutschland gemeint sein, sondern es bietet sich auch ein Blick nach Italien an, das in dieser Frage nach jahrelanger intensiver Auseinandersetzung zu einem Modell gelangt ist, das breite Zustimmung findet. Kurz die Eckdaten: Bei Erbschaften in direkter Verwandtschaftslinie (also typischerweise, wenn Kinder von Eltern erben) gilt ein Freibetrag von 1 Million Euro. Darüber hinaus findet ein proportionaler Steuersatz von 4 Prozent Anwendung. Für Geschwister gilt ein Freibetrag von 100.000 Euro und ein Steuersatz von 6 Prozent. Dieser Steuersatz von 6 Prozent gilt auch für andere Verwandte bis zum vierten Grad. Für andere Steuerpflichtige gilt ein Steuersatz von 8 Prozent.

Auch nach der Natur des Erbes (beziehungsweise der Schenkung) wird differenziert: Immobilien werden zu zirka einem Drittel ihres Marktwertes angesetzt (bleiben also de facto bis zu einem Wert von zirka drei Millionen Euro steuerfrei), Betriebe zum Nettobuchwert. Bei einer progressiven Besteuerung ab einer Million Euro bestünde – auch angesichts des enormen Preisanstiegs im Immobilienbereich – bei einer für den Mittelstand durchaus typischen Erbmasse die Gefahr einer untragbaren finanziellen Belastung, die auch zum Verkauf des Erbes nötigen könnte. Die Vererbung von Staatspapieren ist in Italien steuerbefreit (wodurch die Altersvorsorge angeregt und auch die Schuldenfinanzierung durch Inländer gefördert wird).

Die italienische Regelung der Erbschaftssteuer ist eine Kompromisslösung, die insbesondere auch die Vermögensbildung und die Betriebsfortführung sichert. Sie macht Italien auch (zusätzlich) attraktiv als Wohnsitz im Alter, da der Ort des Wohnsitzes auch erheblichen Einfluss hat auf das anwendbare Erbschaftschaftsteuerstatut.

Wettbewerb

Gerade Österreich als relativ kleiner Staat steht in intensivem internationalem Steuerwettbewerb. Eine Regelung nach Maßgabe der italienischen könnte einen mehrheitsfähigen Kompromiss in einer heiklen Güterabwägung darstellen und zusätzliches Steueraufkommen sichern.

Peter Hilpold lehrt Völkerrecht, Europarecht und italienisches Steuerrecht an der Universität Innsbruck.

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