Pensionsunterschiede sind keine Diskriminierung

Die finanzielle Ausstattung in der Pension ist ungleich verteilt
Eine genauere Betrachtung zum „Equal Pension Day“. Ein Gastkommentar von Carmen Treml.

Von Jahresbeginn bis gestern haben Österreichs Männer im Durchschnitt bereits so viel Pension erhalten wie Frauen bis zum Jahresende. Für viele Anlass genug, um diese Lücke mit dem „Equal Pension Day“ sichtbar zu machen und die Himmel schreiende Ungerechtigkeit anzuprangern. Und da sich die Pensionen in den Bundesländern doch kräftig unterscheiden, häufen sich die Aktionen gleich zehnmal – vom zwölften Juli in Vorarlberg bis zum 15. September in Wien.

Negieren kann man es nicht, dass die weibliche Durchschnittspension knapp 41 Prozent unter der männlichen liegt. Den Großteil davon erklären kann man aber sehr wohl. Frauen arbeiten durchschnittlich fast acht Wochenstunden weniger als Männer, viele von ihnen pausieren, meist kinderbedingt. Aber auch viele Frauen ohne Betreuungspflichten arbeiten häufig nur Teilzeit.

Pensionsunterschiede sind keine Diskriminierung

Carmen Treml

Hinzu kommt, dass sie deutlich länger leben als Männer, aber jahrzehntelang mit 60 den Ruhestand antreten konnten. Schon heuer sind Frauen mehr als ein Vierteljahrhundert in der Pension. Will man schon die Geschlechterunterschiede diskutieren, sollte man zumindest diesen Aspekt berücksichtigen. Doch mit der längeren Pensionsdauer nicht genug. Frauen profitieren zudem deutlich stärker von der Umverteilung. Für jeden eingezahlten Beitragseuro erhalten sie relativ zu ihren Einzahlungen aber mehr Pension ausbezahlt.

Keine Diskriminierung

Die Pensionsunterschiede sind also keine Diskriminierung, sondern schlicht der kürzeren Erwerbstätigkeit geschuldet. Es kann niemandem vorgeschrieben werden, wie viele Stunden gearbeitet werden soll, geschweige denn, sich im höheren Alter oder in der Pension als Arbeitskraft anzubieten. Gerade für Frauen bedeutet eine Weiterarbeit neben dem Pensionsbezug aber ein kräftiges finanzielles Plus. Zudem besteht kein Zwang, sich am erstbesten Tag in die Pension zu verabschieden. Bis zu 36 Monate können Ältere den Antritt aufschieben, um dann mit einem praller gefüllten Startkonto den Ruhestand zu genießen.

Mitunter der größte Hebel ist aber immer noch die Bereitschaft, Vollzeit arbeiten zu gehen und auch nach einer Karenzierung rasch wieder die Chance dazu zu haben. Das durch ein flächendeckendes, flexibles Betreuungssystem abzusichern und Mehrarbeit auch tatsächlich zu belohnen, muss von der Regierung ebenso hoch priorisiert werden, wie das gesetzliche Antrittsalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. Statt alle Jahre wieder zu titeln, wie stark Frauen benachteiligt seien, sollte man nicht vergessen, dass durchaus Möglichkeiten für einen finanziell sorgenfreien Ruhestand bestehen. In Wien könnte der Equal Pension Day heuer dazu noch Anlass geben. Auf die Vorteile einer langen Erwerbskarriere hinweisen kann man aber an jedem Tag des Jahres.

Carmen Treml ist Ökonomin bei Agenda Austria.

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