Eine Gefährtin des Wahlkampfs

Eine Gefährtin des Wahlkampfs
Warum der Streit um den Wohlfahrtsfonds unseriös ist

So wie jeden Tag die Sonne aufgeht, explodiert das Thema Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (Pensions-, Invaliditäts- und Waisenversicherung) vor jedem Ärztekammer-Wahlkampf.

Der Zorn über die hohen Sanierungsbeiträge hat sich derart tief im emotionalen Gedächtnis der Ärzteschaft verankert, dass sich niemand des Themas entziehen kann. Nur allzu gerne stellen sich Fraktionen als „Retter“, oder „Beitragsreduzierer“ dar und ewig Gestrige oder Uninformierte propagieren immer noch dessen Abschaffung. Egal wie, keine Fraktion erklärt, was der Wohlfahrtsfonds eigentlich versichert, und schon gar nicht, welche Folgen seine Abschaffung hätte. Zu komplex ist die Materie und nur allzu leicht könnte der Eindruck entstehen, man würde den Wohlfahrtsfonds verteidigen.

Unerwähnt bleibt auch, dass es erst durch kleinere Fraktionen wie z.B. Kammer-Light gelang, Bewegung in das System zu bringen und Verbesserungen durchzusetzen. Vielfalt hilft, denn mit gemeinsamer Kreativität finden sich Kostensenkungs- und Verbesserungspotenziale eben einfacher. Aber der Reihe nach: Ab der Wahl 1999 und besonders 2003 war die Auflösung des Wohlfahrtsfonds in Wien ein mit Rechtsgutachten durchsetztes Thema. Sanierungsbeiträge von fast 20% des Nettoeinkommens erklären das kommentarlos. Es stellte sich heraus, dass mit der Abschaffung mehrere Generationen von ÄrztInnen Pensionen bezahlen müssten, ohne jemals selbst eine Pension zu erhalten. Schließlich entschloss man sich, durch Einführung eines Kapitaldeckungsverfahrens den Pensionsanteil sukzessive ansteigend an die privatwirtschaftlichen Pensionsversicherungen anzugleichen. Im Wahlkampf wird das jedoch kaum kommuniziert und auch nicht, dass der Wohlfahrtsfonds zusätzlich eine Invaliditäts-, Witwen-, und Waisenversicherung ist, die unabhängig von den erworbenen Anwartschaftspunkten bis zum 37. Lebensjahr mit der Höchstleistung ausbezahlt werden. Auch das kostet Geld, genauso wie bei privaten Versicherungen. Ein Opt-in/Opt-out Säulensystem bietet sich förmlich an.

Die Berechnung der Beiträge ist in Wien derart kompliziert, dass die BeitragszahlerInnen deren Ermittlung nicht nachvollziehen können. Und schlimmer, niemand weiß wie viel Pension man bekommen wird. Es fühlt sich daher an wie ein sehr teures „gar nichts“, wodurch die Emotionen hochkochen. Nüchtern betrachtet, findet sich also reichlich Verbesserungspotenzial.

Es braucht: (a) Eine Vereinfachung der Beitragsermittlung, (b) eine leistbare Anpassung der Beiträge an die Lebenssituation wie z.B. bei Teilzeit oder geringen Einkommen und (c) eine Opt-in/Opt-out Möglichkeit, sodass verschiedene Leistungssäulen bzw. Leistungshöhen ausgewählt werden können.

Wolfgang Radner ist Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie. Er kandidiert für Kammer light.

Kommentare