Ein Plädoyer für die Sanktionen

Ein Plädoyer für die Sanktionen
Russland kann den Krieg noch finanzieren. Aber wie lange?

Die Sanktionen gegen Russland haben ihre Wirkung noch nicht ausreichend entfalten können. Moskau ist es gegenwärtig weiterhin möglich, seinen Krieg gegen die Ukraine zu finanzieren. Wie lange noch? Die westlichen Wirtschaftssanktionen haben zwei Wirkungsstränge. Einerseits haben die Sanktionsbeschlüsse unmittelbare politische Signalwirkung an Russland sowie westliche Unternehmen, die noch vor Ort im Geschäft sind. Andererseits braucht es Zeit, bis sie zu einer Verhaltensänderung beitragen. Bandbreite und Ausmaß der Beschlüsse sind zudem stets eine Abwägungsfrage, die wiederum ihre Wirkung beeinflusst. Gerade der Energiebereich wurde bis dato bewusst ausgenommen, um die unmittelbare Energieversorgung in Europa nicht zu gefährden. Dementsprechend ist die Schlagkraft der Maßnahmen aufs erste begrenzt und die Exporteinnahmen Russlands laufen weiter.

Gleichzeitig nützen die EU-Mitgliedstaaten jedoch auch die Möglichkeit, zu diversifizieren und ihre Abhängigkeit von fossilen Energieträgern abzubauen. Während der Kreml den Gashahn immer weiter zudreht, haben die EU-Länder begonnen, neue Energiequellen zu erschließen. Die Speicher sind für diesen Winter gefüllt und der Import von natürlichem Flüssiggas hat sich vervielfacht, die Gasabhängigkeit von Russland ist EU-weit auf eine einstellige Prozentzahl geschrumpft. Dazu kommt, dass die EU-Länder übereingekommen sind, ihren Gasverbrauch im Schnitt um 15 Prozent zu reduzieren. Zwar konnte sich auch Moskau auf die neuen Gegebenheiten einstellen. Die Situation wird sich dennoch weiter zu Gunsten der EU entwickeln, denn sie ist als bisheriger Großabnehmer nicht einfach ersetzbar. Eine Umstellung der Erdgastransportwege ist, wenn überhaupt, eine Angelegenheit von etlichen Jahren.

Darüber hinaus zahlt der potenzielle Abnehmer China aktuell nur einen Bruchteil des Preises, der bisher von Europa beglichen wurde. Die mittel- bis langfristigen Kosten für Russland könnten folglich ein enormes Ausmaß erreichen. Auch treten in den nächsten Wochen neue Regeln für Versicherer des weltweiten Schiffstransportes russischen Erdöls in Kraft. Solche Lieferungen können nur noch dann versichert werden, wenn die russische Seite eine Preisobergrenze akzeptiert. Damit sollen die Erdöleinnahmen weiter reduziert und gleichzeitig der Einfluss auf die globale Energiepreisentwicklung begrenzt werden.

Das primäre Ziel der Sanktionen ist nicht, dass sie uns so wenig wie möglich belasten, auch wenn dies wünschenswert wäre. Viel wichtiger ist, die Kosten des russischen Krieges so stark zu erhöhen, dass der Friede eine weitere Chance bekommt. Ja, das kostet, aber was ist das schon im Vergleich zu den Opfern, die in der Ukraine gebracht werden. Ja, das dauert, aber was wäre denn die Alternative?

Paul Schmidt ist Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE)

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