Ein ewiger Pakt

Ein ewiger Pakt
Lügen und Kriege gehen stets Hand in Hand.

Die Wahrheit ist das erste Kriegsopfer. Rechtfertigungen von Angriffskriegen begannen oftmals mit in Vorwände verpackten Lügen. Unwahrheit und Täuschungen wurden bereits in den frühen Mythen, wie jenen des Trojanischen Krieges, festgehalten.

Über Odysseus schrieb Homer: „Vielerlei log er zusammen und nur manches war ähnlich der Wahrheit.“ Auch während der Hochblüte des Römischen Weltreiches grassierten Lügen in Verbindung mit Machtpolitik und Expansionsdrang und führten zu teils langjährigen kriegerischen Auseinandersetzungen. Lügen durchzogen desgleichen die autoritären Führungsschichten Roms. Julius Caesar etwa täuschte in seinen Rechenschaftsberichten über die Gallischen Kriege, indem er diese geschönt und zwecks Selbstdarstellung stark überhöht verfasste. Kaiser Nero log, um von den Gerüchten abzulenken, er hätte die schweren Brände Roms in Auftrag gegeben und unterstellte der kleinen Sekte der Christen die Brandstiftung. Selbst die als heilige Kriege bezeichneten christlichen Kreuzzüge fallen in die Kategorie rhetorisch konstruierter Angriffskriege. Acht Jahrhunderte später ging dem Zweiten Weltkrieg gleicherweise ein Täuschungsmanöver voraus: Inszenierte Grenzverletzungen und ein vorgeblicher „Überfall“ auf den deutschen Rundfunksender Gleiwitz dienten als Vorwand für den Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen.

Auch der Tonkin-Zwischenfall vor der Küste des damaligen Nordvietnam wurde vonseiten der US-Regierung im Sommer 1964 mittels bewusster Falschdarstellungen missbraucht. Die angeblichen Attacken vietnamesischer Schnellboote auf einen US-amerikanischen Zerstörer hatten in der von der US-Administration dargestellten Form niemals stattgefunden.

Des Weiteren basierte die 2003 erfolgte Invasion des Irak durch die USA primär auf der Unwahrheit einer Bedrohung durch angebliche irakische Massenvernichtungswaffen. Was für Vietnam und den Irak zutraf, gilt auch für den 2022 entstandenen Kriegsschauplatz Ukraine. Dieser erinnert an die Worte Wolfgang Borcherts: „Die Straße stinkt nach Blut. Hier haben sie die Wahrheit massakriert.“ Seit Kriegsbeginn ist in Russland eine Rückkehr zu strenger Zensur und medialer „Gleichschaltung“ zu beobachten. Die menschenverachtende, euphemistische Sprachregelung „Spezialoperation“ für einen Angriffskrieg mit Zehntausenden Todesopfern erinnert an die dunklen Zeiten der totalitären Sowjetunion. Lügen und Kriege durchwanderten als Feinde des Humanismus in verschiedensten Gestalten und Maskierungen sämtliche Epochen der Menschheitsgeschichte. Die Welt als Dauerzustand von Instabilität bleibt trotz aller zivilisatorischen Fortschritte ein fruchtbarer Boden für deren fatale Folgewirkungen.

Paul Sailer-Wlasits ist Sprachphilosoph und Politikwissenschafter

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