Druck und psychische Belastungen für Jugendliche steigen
Psychische Belastungen bei Jugendlichen haben in den vergangenen Jahren merklich zugenommen. Experten führen dies unter anderem auf Auswirkungen der Pandemie – auch auf den Arbeitsmarkt – zurück. Ganz aktuell ist für viele auch der Krieg in Osteuropa bedrückend. Das heißt, der Bedarf an gezielter Behandlung und Therapie wäre grundsätzlich groß, aber das Angebot und auch die Nachfrage von Jugendlichen nach Behandlungseinheiten stocken. Warum ist das so? Es gibt Krankheiten, die anerkannt sind und solche, die negiert werden – sowohl vom Betroffenen selbst als auch von seinem Umfeld.
Die Erfahrung und Praxis in der Arbeit mit Jugendlichen zeigen, dass es wichtig ist, ein Bewusstsein für mentale Gesundheit bei ihnen zu entwickeln: Nicht nur körperliches Wohlbefinden spielt eine Rolle – auch psychische Gesundheit ist ein ganz wesentlicher Aspekt, um erfolgreich im Job zu agieren und leistungsstark durchs Leben gehen zu können. „Mein Kind ist nicht verrückt!“ ist oft genug die erste Reaktion der Eltern von betroffenen Jugendlichen. Sie sind gegen therapeutische Unterstützung im mentalen Bereich oder verstärken sogar Vorurteile dagegen. Sowohl junge Menschen selber als auch ihre Umgebung (Familie, Angehörige, Freunde) müssen hier angesprochen und überzeugt werden, psychische Belastungen offen anzusprechen und zu thematisieren.
Wichtig ist, dass mentale Unterstützung und die Inanspruchnahme psychischer Hilfe keine Stigmatisierung bedeutet. Also keinen Vermerk im Lebenslauf und auch keinen Nachteil für die berufliche Entwicklung nach sich zieht. Psychotherapie darf nicht als Kosmetik für ernsthafte Probleme fungieren! „Einfache Störungen“ sind relativ leicht zu behandeln und in den Griff zu bekommen.
Daher sollte die psychische Behandlung für Jugendliche auch leistbar werden. Derzeit sind die Kosten je Einheit/Stunde aber trotz Zuschuss der Österreichischen Gesundheitskasse zu hoch und für Jugendliche und deren Eltern kaum bezahlbar. Somit wird besonders die sozial schwache Bevölkerungsschicht von Therapien ferngehalten. Auch sind mit einem Behandlungsumfang von nur zehn Stunden schwer nachhaltige Behandlungserfolge zu erzielen.
Wünschenswert ist daher eine öffentlichkeitswirksame Bewusstseinsoffensive, um die Bedeutung und Auswirkung einer mental gesunden Jugend hervorzuheben. Freiwillig in und durch die Therapie. Wie schafft man es, Betroffene auch tatsächlich zur Therapie zu bewegen? – Das bedeutet den Aufbau von Vertrauen, das Eingehen auf einzelne Jugendliche und ihre spezielle Situation. Die Erfahrungen zeigen, dass engmaschige Betreuung hilft, die ersten Schritte zu setzen.
Allerdings muss der Zugang zu entsprechenden Gesundheitsangeboten und -programmen so niederschwellig wie möglich sein. Idealerweise mit eigenen Gesundheitszentren, spezialisiert auf die Bedürfnisse junger Menschen.
Andreas Pollak leitet den Verein T.I.W., Unterstützung für Benachteiligte Jugendliche beim Einstieg ins Berufsleben.
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