Die tägliche Turnstunde wartet

Die tägliche Turnstunde wartet
Damit Kinder nicht zur neuen Risikogruppe heranwachsen. Ein Gastkommentar von Günter Schagerl.

Die flächendeckende Umsetzung der täglichen Turnstunde für Kinder und Jugendliche wird immer dringender. Nicht zuletzt aufgrund des ausufernden Konsums (a)sozialer Medien. Warum die Umsetzung seit rund 70 Jahren noch immer der Umsetzung harrt, ist angesichts der politischen Erklärungen zu deren Wichtigkeit völlig unverständlich. Trotz positiver Wirkungsfolgenabschätzung des Gesundheitsministeriums und 81 % der österreichischen Bevölkerung, die sich dafür aussprechen, ist man von Flächendeckung meilenweit entfernt. Im Gegenteil: Vor 20 Jahren wurden die Turnstunden sogar gekürzt.

Die tägliche Turnstunde wartet

Günter Schagerl 

Es ist ja nicht so, dass sich die Befürworter aus dem Bereich des Sports bisher nicht lautstark dafür eingesetzt und Respektables geleistet hätten. Fünf Gründe, warum die flächendeckende Einführung bisher nicht gelang:

1. Das Sportsystem kann die Finanzierung alleine nicht stemmen.

2. Nur im Kindergarten und in der Volksschule erreicht man alle Kinder täglich. Diese sind aber mit anderen Themen so beschäftigt, dass die Kraft dazu fehlt.

3. Das Bildungssystem hat wichtigere Probleme und viele Argumente, warum etwas nicht geht (Personal, Sportstätten, Stundenplan, Kosten, Schulrecht), obwohl es beispielgebende Schulen bereits gibt. Auf diese Vorbilder muss man setzen.

4. Weil die ökonomische Langzeitplanung fehlt, kann man auch in den Sportdachverbänden nur langsam Personal aufbauen.

5. Gesundheitsförderung und Prävention spielt noch immer keine prioritäre Rolle bei Entscheidungen (auch im Gesundheitswesen).

Der alles entscheidende Punkt ist aber wie immer die Finanzierung. Obwohl der Finanzminister weiß, dass sich jeder investierte Euro in freudvolle Bewegung von Kindern und Jugendlichen nicht nur ökonomisch lohnt. Keine Einzelmaßnahme wirkt so vielseitig positiv auf die körperliche, seelische und geistige Fitness, Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und Gesundheit wie täglich ausreichende Bewegung.

Daher muss jetzt endlich eine Lösung gefunden werden, die ressortunabhängig und zentral die tägliche Turnstunde zumindest bis zum 15. Lebensjahr finanziert und dadurch gleichzeitig alle Einzelsysteme entlastet. Die verschiedenen Varianten einer täglichen Bewegungseinheit sind hinlänglich erprobt und evaluiert. Also, worauf wartet man noch? Vorausdenkende Politiker würden zwar den sichtbaren Lohn ihrer Entscheidung selbst nicht mehr einfahren, weil eine bundesweite Ausrollung deutlich mehr als 5 Jahre dauert, aber dafür als Macher in die Geschichte eingehen. Wir brauchen größere und schnellere Schritte, um zur flächendeckenden Umsetzung zu kommen, damit Kinder (wie im KURIER berichtet) nicht zur neuen Risikogruppe heranwachsen. Mal sehen, wer im Wahljahr langfristig über den Tellerrand hinaus blicken kann.

Günter Schagerl ist Sportwissenschaftler und im Sportdachverband ASKÖ tätig

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