Die SPÖ: Marken zerstören sich immer nur von innen

Die SPÖ: Marken zerstören sich immer nur von innen
Warum kann eine erfahrene Partei die Zeichen der Zeit nicht sehen? Eine kurze markentechnische Analyse der SPÖ.

Wird eine Marke mit Respekt vor dem Kundenurteil geführt und passt sie sich den Marktanforderungen innovativ an, kann sie lange erfolgreich altern. Beispiele: Nivea/seit 1911, Faber Castell/seit 1730, Weihenstephan/seit 1040, Zum Schwarzen Kameel/seit 1618. In den meisten Fällen kommen Marken nicht durch äußeren Druck zu Fall, sondern zerstören sich von innen aufgrund schwerer Managementfehler oder Versäumnisse, die zu einem Vertrauensentzug führen. So ist es z. B. Nokia, Kodak oder Abercrombie & Fitch ergangen.

Welche Managementfehler hat die SPÖ gemacht, die ihr das Genick brechen könnten? Erfolgsverwöhnt konnte sie es nicht verarbeiten, dass ihr als Ex-Regierungspartei nichts anderes übrig blieb, als Oppositionsarbeit zu machen. Statt hier Exzellenz unter Beweis zu stellen, hat sie es verabsäumt, den Wertefundus zwischen ihren Lagern zu einen. Sie hat gegen sich selbst gekämpft statt für eine Sache, und das spielt anderen Parteien in die Hände. Dabei hätte sie in Zeiten der Teuerung – ein Thema, das eigentlich ideal zur Sozialdemokratie passt – alle Karten in der Hand gehabt. Die ÖVP taumelte unter den Korruptionseinschlägen und die FPÖ ist am Ende nichts anderes als ein populäres Auffangbecken für Protestwähler.

Warum kann eine erfahrene Partei wie die SPÖ die Zeichen der Zeit nicht sehen? Fakt ist, dass die Sozialdemokratie ihren Markenkern verloren hat – im Unterschied zur FPÖ, die den ihrigen so konsequent besetzt wie noch nie. Im Unterschied zu dieser Klarheit sucht die SPÖ noch immer im anachronistischen Dunst der Aufwiegelung zwischen Links und Rechts ihre eigene Position. Doch verkennt sie dabei, dass diese Zuordnungen in einer modern-demokratischen Gesellschaft längst überkommen sind. Die „Linken“ waren historisch immer die radikaleren Kräfte, die Interessenvertreter der Arbeiter, die „Rechten“ die Bewahrer, die Vertreter der Arbeitgeber. Diese Unterscheidung geht im Übrigen auf die französische Nationalversammlung im Jahr 1789 zurück, als die sozialdemokratischen Linken auf der einen Seite, die konservativ-reaktionären Aristokraten auf der rechten Seite des Königs Platz nahmen. Wer glaubt, dass man mit dieser Polarisierung noch die Breite der heutigen Gesellschaft erreichen kann, ist ewig gestrig. Ihre eigene Zerfahrenheit hat die Partei dann jüngst zu einem Thema der Öffentlichkeit gemacht, was zur allgemeinen Zumutung verkommen ist. Unsagbar unprofessionell lief diese Mitgliederbefragung ab, ein letztes Symptom des Reputationsverlustes für eine bereits schwer beschädigte Partei. Wie sollte man dieser Partei zutrauen, ein Land zu regieren, wenn sie nicht mal eine interne Abstimmung hinbekommt und sich untereinander nicht grün ist? Wenn der SPÖ die innerparteiliche Einigung nicht schleunigst gelingt, wird sie als Marke bei der nächsten Nationalratswahl keine Rolle spielen.

Christian Schölnhammer ist Strategieberater, Markentechniker, Gründer und Geschäftsführer von BRAND+ Institut für mehrdimensionale Markenentwicklung

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