Die „neue“ Mitte

Die „neue“ Mitte
Wie finden wir eine Zukunftskoalition für Österreich? Ein Gastkommentar von Christoph Bösch.

Eine Regierung braucht eine mehrheitsfähige gemeinsame Erzählung für die Zukunft. Dazu müsste man sich wohl irgendwo in der Nähe der „Mitte“ treffen. Pragmatismus, kreative Lösung von Problemen und Konflikten – nicht zuletzt aber auch Mäßigung in Ton und Inhalt – wären dabei gefragt. Welchen Parteien und Politikern in Österreich wäre dies am ehesten zuzutrauen?

FPÖ und Grüne sind wohl im Grunde ideale Oppositionsparteien. Sie sprechen vielen aus der Seele – aber sie polarisieren auch stark. Sie haben seit Langem jeweils ein Kernthema: die Umwelt beziehungsweise die Migration. Damit können sie große Teile der Bevölkerung ansprechen. Zugleich haben sie sich damit aber auch erbitterte Feinde gemacht. Die ihren Erfolgen zugrunde liegenden Kernprobleme bleiben durch die zunehmende Spaltung oft ungelöst. Man ist zu sehr mit den ideologischen Gegnern beschäftigt. Und mit der Bekämpfung von Symptomen, statt zugrunde liegender Ursachen.

Überspitzt ließe sich seit Jahrzehnten sagen: „Die FPÖ behauptet, die Ausländer seien an allem schuld; der Rest des Landes sagt, die FPÖ sei an allem schuld.“

Auch die übrigen Parteien versuchen sich leider immer wieder in Polarisierung – mit unangenehmen Folgen für das Land. Weil ja dann immer nur die jeweils anderen für alle Probleme verantwortlich gemacht werden – wobei diesen moralische und intellektuelle Unterlegenheit zugeschrieben wird.

Die „neue“ Mitte

Christoph Bösch

Soll man lieber Politiker und Parteien wählen, die einem aus dem Herzen sprechen? Oder lieber jene, von denen man sich zumindest erhoffen kann, dass sie eher den Spatzen in der Hand liefern – anstatt immer nur von der Taube auf dem Dach zu träumen?

Natürlich ist es wichtig, als Politiker aufzufallen. Aber man kann ja auch positiv auffallen. Gerade in Zeiten großer Politikverdrossenheit bietet sich eine Chance. Wären nicht in der „pragmatischen Mitte“ viele Menschen für ehrliche und realistische Problemlösungen zu haben? Ist vielleicht der Höhepunkt der Erfolgsära populistischen Wunschdenkens im Grunde schon überschritten?

Gerade bei den Themen Umwelt und Migration könnte man es vorzeigen, sich um eine gemeinsame Erzählung bemühen. Im Sinne von: „Ja, wir müssen etwas für Natur und Umweltschutz tun –, aber nicht gegen die Bevölkerung, sondern mit der Bevölkerung. Und ja, wir brauchen Zuwanderung – allerdings sollten EU und Nationalstaaten dabei auch wieder die Kontrolle darüber erlangen, wer zuwandert.“

Statt also entweder übers Ziel hinauszuschießen oder aber gar nichts zu tun, statt weiter Symptome zu bekämpfen, Feindbilder zu pflegen und leere Versprechungen abzugeben, lieber fein differenzieren und die Ruhe bewahren. Denn wie schon Laotse sagte: Schöne Worte sind nicht wahr. Wahre Worte sind nicht schön.

Christoph Bösch ist freier Publizist in Wien und Forstwirt. Gründete 2008 die Partei „Die Mitte“ (nicht mehr aktiv).

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