Die Kapitalismus-Falle

Die Kapitalismus-Falle
Es geht nicht um Arm gegen Reich, sondern ums Human- und Sozialkapital. Ein Gastkommentar von Daniel Witzeling.

Dass Red-Bull-Erbe Mark Mateschitz mit seiner nicht viel weniger vermögenden Freundin Victoria Swarovski einen exklusiven Urlaub verbrachte, löste unlängst eine erneute Verteilungsdebatte aus. Diese wurde aus Mangel an neuen Ideen aus dem Lager der Sozialdemokratie entfacht. Ebenjene Bewegung, die sich den Kampf gegen das (Groß-)Kapital und für den kleinen Mann und die kleine Frau gerne auf die Fahnen schreibt. Dabei wird vergessen, dass einem nicht kleinen Teil der eigenen Wertegemeinschaft kraft des politischen Netzwerkes der Sprung an die Spitze der kapitalistischen Nahrungskette geglückt ist. Der einst abwertende Begriff für derartige Aufstiegsgewinner lautete “Nadelstreif-Sozialisten“.

Prominente Vertreter und damit assoziierte Persönlichkeiten reichen von der SPÖ-Ikone Bruno Kreisky, über den Prototypen Franz Vranitzky bis zum letzten großen Shootingstar der SPÖ Christian Kern. Wenn es die eigenen Genossen tangiert, dann ist der Neid nicht so groß.

Abhängigkeitssysteme zu generieren – darin sind und waren die beiden einstigen Volksparteien, SPÖ und ÖVP, seit dem Zweiten Weltkrieg nahezu Weltmeister. Wer etwas werden wollte, brauchte das richtige Parteibuch. Dass diese Tatsache weder die Entwicklung und Qualität der einfachen Mitglieder noch die der Spitzenrepräsentanten wirklich fördert, sahen wir am Aufstieg Jörg Haiders, Heinz-Christian Straches und nun Herbert Kickls, welche unter anderem aus Mangel an attraktiven und authentischen Alternativen Erfolge feierten. Die Altparteien züchteten sich Bittsteller und Institutionen heran, die alleine in der freien Wildbahn eher weniger lebensfähig wären.

Dietrich Mateschitz hatte es bei seinem Weg zum Gründer eines Weltkonzerns nicht immer leicht. Er setzte seine Intelligenz und seine Persönlichkeit ein, um neben großen Steuereinnahmen unzählige Arbeitsplätze zu schaffen. Ob das enorme Erbe in materieller und ideeller Hinsicht eher Fluch oder Segen für den Mateschitz-Filius bedeutet, wird sich weisen. Weder Armut noch Reichtum, wenn dieser ohne eigene Leistung vorhanden ist, sind in vielen Fällen förderlich für eine positive individuelle Genese.

Nicht das Finanzkapital ist die Ressource der Zukunft, sondern das Human- und Sozialkapital, sprich: Über welche Potenziale verfügt der Einzelne und wie arbeiten wir in Teams und Gemeinschaften zusammen und erreichen dadurch nicht nur einen ökonomischen Mehrwert. Im internationalen Wettbewerb gegen Riesen wie die USA, China oder Indien wird es um die Qualität von Produkten und Dienstleistungen gehen und nicht rein um die Quantität.

Frei nach dem österreichischen Philosophen, Ökonomen und Träger des „Alternativen Nobelpreis“ Leopold Khor: „Small is beautiful“ – zurück zum menschlichen Maß.

Daniel Witzeling ist Psychologe, Sozialforscher und Leiter des Humaninstituts Vienna

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