Der Wahlkampf ist kein Kinderspiel

Kindergarten
Infantilisierende Darstellungen von Politikern können das schlechte Ansehen der Politik weiter befeuern. Ein Gastkommentar von Klaus Atzwanger.

So aufmerksamkeitssteigernd die derzeit in unterschiedlichen Medien gespielte Werbung, mit der Idee die bei der kommenden Nationalratswahl antretenden Spitzenkandidaten und Spitzenkandidatin als streitende Kindergartenkinder darzustellen, sein mag, die Botschaft ist demokratiepolitisch nicht gerade förderlich. Auch Boulevardzeitungen greifen die Idee auf und stellen Spitzenpolitiker als Bobbycar fahrende Kinder dar. Es wird suggeriert, Politik sei

ein Kinderspiel, und letztlich seien alle handelnden Personen lächerliche Figuren, die nur Eigeninteressen vertreten.

Das Gegenteil ist der Fall: Der Wahlkampf ist kein Kinderspiel, wir leben in einer der repräsentativen Demokratien der Welt und haben das Recht unsere Volksvertreterinnen und Volksvertreter frei zu wählen.

Der Wahlkampf ist kein Kinderspiel

Klaus Atzwanger

Hohes Gut Demokratie

Und wenn uns auch die eine andere wahlwerbende Vertreterin oder der eine oder andere Vertreter einer Partei sympathischer oder unsympathischer sein mag, und wir bei manchen die politische Ausrichtung mehr oder weniger unterstützen – das Gut der parlamentarischen Demokratie kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Und auch wenn man mit einigen der antretenden Bewerberinnen und Bewerber wenig Übereinstimmung findet, und deren Positionen ablehnt, ist es wichtig, sich immer vor Augen zu halten, dass auch diese Menschen für ihre Überzeugungen eintreten.

Natürlich kann man darüber streiten, ob das in Wahlkämpfen stattfindende Werben um Stimmen immer auf dem Niveau stattfindet, auf welchem wir uns dies wünschen, bzw. ob es der Würde des angestrebten Mandats oder Amtes entspricht. Das Zitat „Wahlkampf ist die Zeit fokussierter Unintelligenz“, welches auf den Wiener Altbürgermeister Michael Häupl zurückgeht, hat sicher auch seine Berechtigung. Aber sind an dieser Kultur

der Wahlkampfauseinandersetzung nicht auch manche Medien mitschuld, die z. B. mittels Schulnoten Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten beurteilen, statt seriös und faktenbasiert die Konzepte der Parteien zu vergleichen?

Gefahr

Besteht hier nicht die Gefahr, dass solche Infantilisierungen das schlechte Ansehen von PolitikerInnen sowie die allgemeine Politikverdrossenheit weiter befeuern? Die Entwicklung unseres Landes als Teil Europas wird wesentlich durch die zu wählenden Volksvertreterinnen und Volksvertreter entschieden, die im Rahmen der parlamentarischen Arbeit in langen und mühevollen demokratischen Prozessen Kompromisse hinsichtlich einer Fülle von Entscheidungen erarbeiten. Diese Arbeit ist wesentlich, nicht leicht zu bewerkstelligen und findet vor allem unter den Augen der kontrollierenden Opposition und unter der ständigen Begleitung durch Medien statt.

Dies ist gut und richtig. Es verdient aber auch jenen Respekt, den ein Beruf, der zwar von immer weniger Menschen angestrebt wird, aber aufgrund seiner Auswirkungen von hoher Bedeutung für das gedeihliche Zusammenleben ist, genießen sollte.

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