Das Ende des Silicon Valley und ein neues Zukunftsversprechen

Das Ende des Silicon Valley und ein neues Zukunftsversprechen
Theokratie, Überwachung oder grüne Welt? Nötig wäre ein viertes Szenario.

Für einen kurzen Moment war sie wieder da: die Angst vor einer neuen globalen Finanzkrise. Ausgelöst durch die Krise der Kryptowährungen und den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank. US-Gründerstar Peter Thiel warnt seit Jahren vor technologischer Stagnation und fordert ein neues Zukunftsversprechen. Der Generationenvertrag, wonach es den Jüngeren einmal besser gehen wird als ihren Eltern, sei aufgekündigt. Alternde Gesellschaften wie die europäischen stehen vor enormen Verteilungskonflikten. Langfristig lösen werden sie sich nur lassen, wenn der Kuchen, den es zu verteilen gibt, größer wird. Das Problem: immer weniger Menschen im Westen glauben, dass mehr ökonomisches Wachstum mehr materiellen Wohlstand und eine bessere Zukunft für die nächsten Generationen bedeuten. Eine neue Zukunftsvision wird sich erst dann durchsetzen, wenn sie eine Zukunft verspricht, die besser ist als die Gegenwart und wenn sie von möglichst vielen Menschen geglaubt wird.

Wenn Europa in die Zukunft schaut, sieht es vor allem drei Szenarien: eine islamistische Theokratie, in der Frauen gezwungen werden, Burka zu tragen. Einen Überwachungskommunismus à la China oder einen Überwachungskapitalismus aus dem Silicon Valley – ein Staat oder eine Welt, in dem jede menschliche Bewegung von einer zentralen Künstlichen Intelligenz überwacht wird. Im dritten Szenario fahren wir alle Fahrrad und ernähren uns vegan – Gretas grüne Welt. Das grüne Szenario ist beruhigend, solange es unseren Alltag nicht stört und beunruhigend, wenn wir an die nächsten 10, 20 Jahre denken, wenn der Planet sehr wahrscheinlich heißer sein wird. Gretas Bullerbü wollen wir alle, ihre Panik vor der Zukunft will niemand.

Vielleicht fehlt ein viertes Szenario? Eine „Grüne Welt plus“: pragmatisch, possibilistisch und partnerschaftlich. Eine Zukunftsvision, die sich nicht nur als europäisches Projekt einer Minderheit, sondern als Plan für eine globale Mehrheit definiert. Eine Zukunftsvision als Win-Win für Norden wie Süden. Pragmatisch wäre ein solches Zukunftsprojekt, weil es aus vielen kleinen Schritten und Puzzlestücken besteht. Possibilistisch, weil durch diese die Welt spürbar besser werden KANN und partnerschaftlich, weil auch die Verlierer des Klimawandels etwas davon haben müssen. Die Mission der neuen Zukunftsvision einer „Grünen Welt +“ ist das Lösen konkreter Probleme, wie sie die UNO mit 17 Nachhaltigkeitszielen definiert.

Für die Mission braucht es Staat und Wirtschaft. Die Finanzkrise konnte nur durch staatliches Eingreifen und Garantien überwunden werden. Zur Lösung der Klimakrise wird es ebenfalls mehr Staatshilfe brauchen. Der Green New Deal ist das bekannteste und teuerste Paket, mit dem Europa Wirtschaft und Gesellschaft in die emissionsfreie Zukunft führen will. Der Inflation Reduction Act der USA hat das gleiche Ziel. Aus dem einstigen Wohlstandsversprechen wird ein Zukunftsversprechen. Die nächste Zukunft entsteht in vielen Orten und Tälern, auch in Österreich und nicht nur im Silicon Valley.

Daniel Dettling ist Zukunftsforscher und leitet das Institut für Zukunftspolitik

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