Strategisch statt anlassbezogen handeln

Die Politik der kleinen Schritte ist teuer
Karl Aiginger

Karl Aiginger

Politik, die ein Problem isoliert sieht und anlassbezogen handelt, wird immer ineffektiv und teuer sein.

von Prof. Mag. Dr. Karl Aiginger

über längerfristige Strategien

Politik wird oft vom Auftauchen von Problemen dominiert. Wenn ein Budgetloch auftaucht, muss es gestopft werden. Wenn sich ein Unfall ereignet, muss die Straße verbreitert werden. Wenn die Armut steigt, muss der Benzinpreis gesenkt werden.

Oder? Politik, die ein Problem isoliert sieht und anlassbezogen handelt, wird immer ineffektiv und teuer sein. Besser wäre es, strategische Ziel zu definieren und darauf Maßnahmen aufbauen.

Beispiel Benzinpreis: Natürlich ist es für alle und für Bezieher niedriger Einkommen besonders angenehm, wenn Energie billig ist. Aber morgen wollen wir dann verhindern, dass die Klimakatastrophe eintritt. Und dann brauchen wir Subventionen für Erneuerbare Energie oder Reparaturmaßnahmen nach Katastrophen. Wenn wir das strategische Dreifachziel haben, Einkommen zu erhöhen, dabei die Treibhausgase absolut zu reduzieren und Armut zu senken, dann darf Benzin nicht billiger werden, sondern es muss kleine Autos mit niedrigen PS oder höherer Effizienz geben (oder bequemere Alternativen von Fahrrad bis Öffis).

Ineffiziente Schule

Wenn wir für unsere Schulen mehr ausgeben als andere Länder, damit aber nur mittelmäßige Lernerfolge erzielen, dann mag es kurzfristig richtig sein, die Zahl der Unterrichtsstunden für die Lehrer zu erhöhen – fein getrennt nach Fächern und Schultypen (warum nicht auch nach Alter und Kinderzahl?).

Wenn aber das Ziel die Vorbereitung auf das Leben ist, dann muss die Schule ganztägig sein, Problemlösungen lehren, Projektunterricht gestalten, Freude und Anreiz zu lebenslanger Neugier vermitteln. Stundenweisen Frontalunterricht wird es kaum mehr geben. Vorbereitung „alleine zu Hause“ ist ineffizient, weil man doppelt so lange braucht und Kommunikation mit Kollegen und Internet entfällt.

Wenn die Schule Freude machen soll, es eine Vertrauensbasis zwischen Lehrkräften und Schülern geben soll, wenn es Projektunterricht gibt, schauen Maßnahmen anders aus: Investitionen in LehrerInnen-Arbeitsplätze, Computernetze, professionelle Unterstützung durch Psychologen, autonome Schulentscheidungen über Personal- und Investitionsausgaben, Ende politischer Besetzungen.

Zustimmung leichter

Strategische Politik macht es auch leichter, um Zustimmung in der Bevölkerung zu werben. Es gibt eine Strategie, sie wird kommuniziert, Wissenschaft, Medien und Opposition werden informiert, Erfolgskriterien definiert. Anlassbezogene Politik beginnt mit Vorwürfen, Widerstände werden ausgelöst, die Debatte wird von den unmittelbar Betroffenen dominiert. Lehrer­Innen werden kritisiert und sie wehren sich, weil ein Privileg angegriffen wird und nicht das attraktive Zukunftsmodell gezeigt wird.

Österreich ist Meister der kleinen Schritte, manchmal gehen die anlassbezogenen Schritte der Politik sogar in die falsche Richtung. Und immer ist isolierte Politik teuer. Vielleicht haben wir deswegen 50 Prozent Staatsausgaben an der Wirtschaftsleistung und trotzdem Defizite bei Bildung, Innovation und Kinderbetreuung. 2014 geht es wirtschaftlich aufwärts. Eine gute Zeit für längerfristige Strategien.

Prof. Karl Aiginger leitet das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung.

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