Weiterentwickeln, nicht abschaffen!
Matura abschaffen? Nein, aber den begangenen Weg weiterentwickeln!
Als Klassenvorstand einer Achten blicke ich Richtung Juni, wenn „meine“ jungen Damen und Herren maturieren. Ab dem nächsten Jahr wird es bei allen schriftlichen Arbeiten gleiche Fragen im gesamten Bundesgebiet geben. Als Teil der „Standardisierten kompetenzorientierten Reifeprüfung“. Zur Entwicklung wurde enorm investiert, Denkleistung eingebracht. Vieles sehe ich dabei sehr positiv. So zum Beispiel die stärkere Orientierung in Richtung Anwendung statt reinem Wissen. Oder die vorwissenschaftliche Arbeit, die besser auf den universitären Alltag vorbereitet. Ich nehme mir dennoch das Recht, den schriftlichen Bereich kritisch zu hinterfragen. In Zukunft werden alle Gymnasien in der Oberstufe modular geführt werden. Neben den verschiedenen Schulformen können SchülerInnen damit zusätzlich individuelle Schwerpunkte setzen und so ihren Talenten und Interessen verstärkt nachgehen. Dies ist begrüßenswert. Der Verschiedenheit der Schulformen, der Stundentafeln, der Regionen und diesen individuellen Schwerpunkten begegnet man ab nächstem Jahr mit den überall gleichen Fragestellungen. Die Sorge der Lehrergewerkschaft, das Niveau müsse dann wohl sinken, wird hierbei für mich gut nachvollziehbar.
Kein universeller Schlüssel
Da mehr und mehr Universitäten Eingangsprüfungen vornehmen, wird zugleich die Frage berechtigt, ob die Matura dann noch ein universeller Schlüssel zur Universität sein kann. Soll man dann die Matura abschaffen? Nein, aber den begangenen Weg weiterentwickeln! Meine Vorschläge: Ich plädiere dafür, auch bei der schriftlichen Matura mehr an Schwerpunktsetzungen zuzulassen. Die Möglichkeit, Stärken vertieft abzuprüfen und zugleich etwaige Schwächen zu kompensieren, wäre konsequent. Systeme wie in Frankreich oder anderen Ländern könnten Grundlage dieser zu führenden Diskussion sein. Oder schauen wir nach Schweden. Nicht alle können dort nach bestandener Matura jedes Fach studieren. Universitäten gestalten vielmehr transparent, welchen Punktebedarf in welchem Fach man dort jeweils benötigt.
Chancengerechtigkeit
Eines darf man dabei nicht außer Acht lassen: Vor der Matura liegt ein Bildungssystem, das nach wie vor zu wenige Kinder mitnimmt. Andere Länder haben, etwa durch kompensatorische Förderung, wesentlich mehr Erfolg, die Chancengerechtigkeit zu erhöhen. Wir aber vererben Bildung noch zu einem signifikant hohen Maß. Ich möchte, dass es in Zukunft gelingt, junge Menschen vom Kindergarten bis hin zur Matura in ihrer Individualität, in ihren Talenten zu stärken und dabei so etwas wie eine möglichst gute gemeinsame Bildung garantiert wird. Wir brauchen dazu Gespräche über weltanschauliche Grenzen hinweg, wir brauchen einen Bildungsgipfel.
Mag. Daniel Landau ist AHS Lehrer und Gründer der Gruppe “LehrerInnen fürs Bildungsvolksbegehren”.
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