Kommentar: Knappe Spiele, hohe Qualität und etwas Neues

Warum Belgien überraschen könnte und ein Spieler aus der zweiten Reihe ins Rampenlicht treten wird.

Was darf man von einer WM erwarten? Einiges. Fast jede Mannschaft agiert schon jetzt auf hohem Niveau, in den vergangenen Jahren haben sich die Teams punkto Taktik, Laufbereitschaft, Zweikämpfe und Aggressivität extrem gesteigert, auch in der Qualifikation hat man schon viel Qualität sehen können. Daher erwarte ich spannende und ausgeglichene Spiele.

Eine Weltmeisterschaft ist immer wieder eine Fußball-Messe – und auch für Überraschungen gut. Als Europäer habe ich natürlich die üblichen Taktiken und Gepflogenheiten im Visier, daher sind für mich die Teams von den anderen Kontinenten extrem interessant. Besonders auf die afrikanischen Mannschaften bin ich gespannt.

Für mich steht eine WM für ein kulturelles und sportliches Zusammenrücken. Jeder Kontinent hat sein Spiel, seine Art, Fußball zu praktizieren.Genau davon will ich mich überraschen lassen, weil man Teams von anderen Kontinenten sonst nicht so intensiv verfolgt und kennt.

Kommt was Neues?

Interessant ist auch die taktische Ausrichtung. Die Europäer sind dabei variabel, wie man in der abgelaufenen Saison in der Champions League beobachten konnte. Die Teams wechseln zwischen Dreier-, Vierer- oder Fünfer-Kette. Der Anspruch ist dabei nicht nur an die Spieler sehr hoch, sondern auch an das Kollektiv. Flexibel muss man heutzutage sein. Dennoch halte ich es für möglich, dass wir etwas völlig Neues sehen werden. Vielleicht hat ein Team etwas Spezielles vorbereitet, um unberechenbar zu sein. Die Frage ist nur, in welchem Ausmaß und wie? Ich hoffe nicht, dass ein Team auf die Idee kommt, sich nur defensiv hinten reinzustellen. Vielmehr sollten sie mutig auftreten.

Selbstverständlich kommen unweigerlich vor Anpfiff des Turniers zwei Fragen: Wer wird Weltmeister, wer der Star der WM? Den Kreis der Favoriten bilden wie fast jedes Mal die üblichen Verdächtigen. Das sind Frankreich, Deutschland, Spanien und natürlich Brasilien. Auch Argentinien haben viele auf der Rechnung. Bei Spanien muss man abwarten, wie die Mannschaft die überraschende Trennung von Teamchef Lopetegui wegsteckt. Ich setze vor solchen Turnieren gerne auf Außenseiter, diesmal auf Belgien. Die Belgier wurden schon bei der EURO 2016 hoch gehandelt, haben aber diese Erwartungen letztlich nicht erfüllen können. Jetzt sind die Spieler reifer geworden und haben diese negative Erfahrung hinter sich gebracht.

Was den Star der WM betrifft, so stehen natürlich Ronaldo, Messi und Neymar im Mittelpunkt. Aber es wird wieder einen Spieler geben, der aus der zweiten Reihe ins Rampenlicht dribbelt – so wie James Rodriguez 2014 in Brasilien. Vielleicht ist es diesmal Timo Werner von Deutschland oder Marcus Rashford von den Engländern.

Zlatko Junuzovic, 30, hat 55 Länderspiele für Österreich bestritten und ist kürzlich von Werder Bremen zu Red Bull Salzburg gewechselt.
sport@kurier.at

Kommentare