Freiheit für alle, nach unserer Tradition
Ob es ein Terroranschlag war oder nicht: Unsere Freiheit ist bedroht, und wir müssen uns wehren.
In dem weißen Lkw wurden die Papiere eines 31-jährigen Mannes gefunden, geboren in Tunesien, französische Staatsangehörigkeit (oder auch nur Aufenthaltsgenehmigung), drei Kinder, ein paar kleine Delikte, Beziehungen zu islamistischen Terrorgruppen sind nicht bekannt. Das sind einmal die Fakten, das wissen wir im Moment über den Fahrer, der Donnerstag spätabends in Nizza auf der prächtigen Promenade des Anglais mit hohem Tempo in eine Menschenmenge gefahren ist. Natürlich denkt jeder sofort an Terror, an den sogenannten Islamischen Staat, an die Anschläge in Paris, Brüssel und Istanbul und vielleicht an die nächste Urlaubsreise. Nimmt der Terror einfach kein Ende?
Da es nicht mehr Fakten gibt, ist eine differenzierte Abwägung erst recht geboten. Zunächst: In Frankreich fühlen sich viele Araber, egal ob französische Staatsbürger oder nicht, unverstanden und in der Gesellschaft nicht willkommen. Das ist ein soziales Problem, zu besichtigen in den Banlieues der großen Städte. Die Religion kommt dann erst dazu. Aber es sind ja nicht irgendwelche Suren des Koran, die aus Menschen Massenmörder machen, sondern Verführer im Gewand und mit der Stimme von Predigern. Es ist nicht das Himmelreich, das verlockend ist, sondern die Bedeutung, die ein verlorenes Individuum plötzlich erhält.
Hier müssen Gesellschaft und Behörden ansetzen, nicht nur in Frankreich. Wir leben in einer offenen Welt, die sozialen Medien tragen das Ihre dazu bei. Es darf nicht sein, dass sich am Rand von Städten Gegen-Gesellschaften bilden. Wenn jemand, wie dieser Grazer Muslim, einen Gottesstaat auf Erden predigt, hat er sich aber bereits außerhalb jeglicher staatlicher Ordnung gestellt, wie wir sie verstehen. Und wie sie in unserer Verfassung steht. Muslime sollen zu ihrem Glauben stehen, sie sollen ihn öffentlich bekennen und danach leben, im Rahmen einer laizistischen Gesellschaft, wo Religion Privatsache ist. Gefährlich ist, was verborgen abläuft.
Die freie Gesellschaft ist unser Wert
Und wer es dort, wo er bisher gewohnt hat, nicht gelernt hat, muss verstehen, dass unser Begriff von Freiheit bedeutet, dass jeder im Rahmen der Gesetze tun und lassen kann, was er will. Im Rahmen der staatlichen Gesetze. Göttliche Gesetze und Vorschriften sind Privatsache und immer den staatlichen untergeordnet.
Die vielen Flüchtlinge, die nach Europa kamen und in verringerter Form noch immer kommen, wurden ja nicht geholt, wie es in dummen Verschwörungstheorien immer wieder heißt. Der Krieg in Syrien ist eine Realität, ein Ende ist noch nicht abzusehen. Gerade nach dem Anschlag vom Donnerstag besteht die Gefahr, dass viele bei uns jetzt vorsichtig, ängstlich oder auch vorwurfsvoll schauen,wenn eine Person mit arabischem Aussehen in den Bus einsteigt oder am Flughafen mit einem großen Koffer kommt. Syrer, die ohnehin alles verloren haben, sollen ihre Würde behalten. Wenn wir in Europa uns gegeneinander aufwiegeln lassen, haben die Terroristen schon wieder gewonnen.
Wir dürfen uns unsere Freiheit nicht nehmen lassen, von Terroristen nicht, von islamischen Verführern und Hasspredigern nicht, aber von Angstmachern, die jetzt gerne Vorurteile schüren, auch nicht.
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