Fairness kann man – schon per Definition – nicht verordnen. Ignoriert doch derjenige, der sich unfair verhält, zumeist ganz absichtlich jene Verhaltensregeln, derer er sich eigentlich bewusst sein sollte. Ein zusätzlicher Ehrencodex wird ihn da nicht weiter kümmern. Das macht, ganz salopp gesprochen, das Unfairsein ja so unfair.
Erschwerend kommt hinzu, dass das Abkommen zahnlos ist. Es hat keinen präventiven Charakter, echte Sanktionsmöglichkeiten fehlen. Daran ändert ein Weisenrat, der ohnehin nur (Achtung, Treppenwitz!) parteipolitisch besetzt ist, nichts. Selbiges gilt für Sanktionen, die erst ausgesprochen werden, wenn der Wahlkampf längst vorbei ist. Das Abkommen bremst also nicht die Täter – und den Opfern hilft es nicht.
Mehr noch: Es eignet sich vorzüglich als taktische Waffe für jene, die zwar keine Opfer sind, aber gerne welche wären. Die Befürchtung kommt nicht von ungefähr: Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass sich so mancher in der Opferrolle gut gefällt. Das sichert einen Mitleidsbonus. Es mobilisiert Anhänger. Und immunisiert vorsorglich vor so manch wahrem Vorwurf, der noch kommen mag.
Dass ein Fairnessabkommen in Zeiten, in denen Wahlschlachten vom echten Leben in die digitale Welt verlagert werden, hoffnungslos veraltet ist, ist nur ein weiterer Aspekt. Nur in seltenen Fällen ist der Urheber persönlicher Diffamierungen und absichtlicher Falschmeldungen identifizierbar. Die Ära der Schmutzkübel-Handbücher, die der Praktikant auf dem Multifunktionsdrucker der Parteizentrale vervielfältigt, ist vorbei. (Meist jedenfalls.) Viel öfter endet die Spur bei einem Server auf den Cayman Islands oder einem dubiosen Verein, mit dem aber auch schon gar niemand etwas zu tun haben will.
Die unangenehmste Nachricht kommt wie so oft zum Schluss: Fairness ist schlicht keine politische Kategorie. Politik ist – in Anlehnung an ein bekanntes Zitat – am Ende doch nur Krieg mit anderen Mitteln.
Wer Grenzen allzu deutlich überschreitet, der kann trotzdem abgestraft werden: vom Wähler.
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