Facebook muss in die Pflicht genommen werden

Das geltende Recht ist mit sozialen Medien überfordert. Die Politik muss neue Rahmenbedingungen schaffen. Ein Kommentar.
Claudia Zettel

Claudia Zettel

Facebook dürfte durchaus bewusst sein, dass Handlungsbedarf besteht.

von Claudia Zettel

über Regeln für Facebook

Verbreitung von Fake-News, Beeinflussung von Wahlen, Plattform für Gewaltvideos - das soziale Netzwerk Facebook wird dieser Tage wieder einmal heiß diskutiert. Wer trägt welche Verantwortung, wo zieht man die Grenzen, welche Rahmenbedingungen braucht es? Bundeskanzler Christian Kern hat bei seiner Eröffnungsrede zum futurezone Award “klare Spielregeln” für Facebook gefordert. Er zog den Vergleich, dass ein Medium wie die futurezone bei Beleidigungen hafte, das Social Network jedoch nicht, und forderte gleiche Bedingungen für alle.

Als Reaktion darauf gab es nicht nur Zuspruch, sondern auch Kritik. Die Forderung sei populistisch und das Netzwerk nichts weiter als ein Infrastrukturanbieter. Das Thema ist jedoch - wie so oft - viel komplexer und eine Antwort darauf notwendig, aber nicht ganz einfach.

Einfluss auf Inhalte

Facebook ist keine Zeitung und Facebook produziert - anders als futurezone oder KURIER - keine eigenen Inhalte, für die man es verantwortlich machen könnte: stimmt. Facebook stellt bloß eine Infrastruktur zur Verfügung und ist ansonsten unbeteiligt: stimmt nicht. Es ist natürlich so, dass Menschen, die Hass und Hetze verbreiten, nach geltendem Gesetz selbst dafür zur Verantwortung zu ziehen sind. Gleichzeitig wäre es jedoch naiv, Facebook als Plattformbetreiber komplett aus der Pflicht zu nehmen.

Das Unternehmen hat nicht einfach nur einen Teppich in einem großen Raum verlegt und lässt uns alle jetzt unbehelligt darauf spielen. Facebook nimmt - im Sinne seines Geschäftsmodells - unentwegt massiven Einfluss auf Inhalte: Sei es, indem jedes Foto einer nackten Frauenbrust (nach den eigenen Regeln) sofort gelöscht wird, sei es, indem Algorithmen bestimmen, was wir in unseren Streams zu lesen bekommen und was nicht, sei es, indem bestimmte Inhalte gegenüber anderen bevorzugt werden. Zudem dürfte Facebook durchaus bewusst sein, dass Handlungsbedarf besteht, weil entsprechende Technologien zur Bekämpfung von Falschinhalten bereits monatelang in den Schubladen schlummerten.

Rahmenbedingungen notwendig

Facebook ist nicht mehr das “unschuldige” Studentennetzwerk, als das es entstanden ist. Facebook ist mächtig und meinungsbildend, es erreicht heute 1,8 Milliarden Menschen. Diesen Umstand sollte der US-Konzern auch anerkennen, wenn es um Fragen der Verantwortlichkeit geht. Sich nur bequem zurückzulehnen geht sich da irgendwann nicht mehr aus. Mittlerweile formieren sich auch unter den Facebook-Mitarbeitern Gruppen, die sagen, man könne es sich nicht so einfach machen.

Soll also Facebook in Zukunft über gut und böse, richtig oder falsch entscheiden? Wollen wir Facebook zum Richter machen und Willkür des Unternehmens walten lassen? Nein, sicher nicht. Aber genau deshalb wird es faire Rahmenbedingungen für Plattformen wie Facebook brauchen, die sich dieser neuen Medienform annehmen und darauf abgestimmt sind. Gesetzliche Rahmenbedingungen, die offene Fragen klären und an die sich dann auch Facebook zu halten hat.

Derzeit geschieht der Austausch zwischen Facebook und der Justiz eher anhand von Notlösungen. Derzeit kann das Löschen von Inhalten nämlich nur im Zuge eines rechtsstaatlichen Verfahrens erzwungen werden. Das Versagen gegen Hass und Hetze vorzugehen, Persönlichkeitsrechte im Netz zu wahren und Opfer zu schützen, liegt in erster Linie auf politischer Ebene begründet. Die Forderung nach “Spielregeln” ist eine heikle, aber angesichts der entstandenen Problematik keine absurde.

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