Das kam dann doch überraschend, nach vielen, vielen Jahren fruchtloser europäischer Versuche, die ewigen Gegner Kosovo und Serbien zu friedlicher Nachbarschaft zu bewegen. Dass der serbische Präsident Aleksandar Vučić sich vor laufenden Kameras plötzlich „zu einem Weg des Kompromisses“ bereit erklärt, lässt hoffen:
Es könnte der Durchbruch sein auf dem Weg zu einer Einigung zwischen Serbien und dem Kosovo. Der erste Schritt, die immer lauernde Gefahr plötzlicher Gewaltausbrüche und Eskalationen endgültig hinter sich zu lassen. Straßensperren, Schüsse, Spannungen – das alles könnte vorbei sein, wenn sich der serbische Präsident tatsächlich auf den vorliegenden deutsch-französischen Friedensplan einlässt.
Der sieht zwar noch immer keine formelle Anerkennung des Kosovo durch Serbien vor. Belgrad würde jedoch die staatliche Existenz seiner ehemaligen autonomen Provinz in den heutigen Grenzen akzeptieren. Damit wäre ein gewaltiger gordischer Knoten zerschlagen.
Der plötzliche Sinneswandel Vučićs zeigt aber auch: Die EU ist ein Stück erwachsener geworden. Sie hat endlich die ihr zur Verfügung stehende Macht und Härte genutzt, um dem serbischen Präsidenten klar zu machen: Die EU lässt sich nicht mehr auf der Nase herum tanzen. Entweder Vučić hört auf, immer wieder Spannungen in der Region zu schüren – oder kein EU-Beitritt Serbiens. Entweder er blockiert den Weg des Kosovo in die UNO nicht länger – oder Europa stoppt seine Investitionen in Serbien.
Das ist eine Drohung, an der auch Vučić nicht mehr vorbeikommt. Denn es sind die EU-Staaten und ganz besonders Österreich, die die mit Abstand größten Summen in Serbiens Wirtschaft fließen lassen.
Und so muss auch Vučić eingestehen: „Die geopolitische Situation hat sich geändert“ – was so viel bedeutet wie: Von Russland, dem sich Serbien so verbunden fühlt, kommt keine Hilfe, im Gegenteil.
Auch der in Serbien nahezu allmächtige Staatschef hat erkannt, dass nach dem russischen Ukraine-Desaster die Perspektiven, die nötige Unterstützung und Zukunft nur aus europäischer Richtung kommen kann. Er muss ja nur seine Jugend fragen: 50 Prozent der jungen Serben würden gerne auswandern, sagen Umfragen. Wohin? Die meisten nach Deutschland, nach Russland will keiner.
Selbstredend muss der europäische Druck auch auf die Führung in Priština wirken, auch der Kosovo wird um ungeliebte Kompromisse nicht herumkommen.
Aber letztendlich scheint die EU auch für sich selbst gelernt zu haben: Sie kann hart sein, drohen, Lösungen erzwingen. Das mag dem Selbstbild der immer verhandlungs- und kompromissbereiten EU widersprechen, doch das jüngste Beispiel Balkan zeigt es:
Wer ein geopolitischer Player in dieser Welt sein will, darf auch manchmal vor Schmerzen für den anderen nicht zurückschrecken.
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