Die ÖVP war am Mittwoch komplett auf Tauchstation. Die Pressesprecher hatten keine Handys mehr, der Kanzler selbst war beim informellen EU-Gipfel zur Westbalkan-Politik in Slowenien. Und vielleicht froh, an diesem Tag nicht selbst im Kanzleramt gewesen zu sein und sich nach dem Ministerrat den Fragen der Journalisten stellen zu müssen. Ob Kurz selbst strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann, wird sich weisen. Gut sieht es nicht aus, denn entlastend wäre nur, wenn der frühere Außenminister und jetzige Kanzler und Parteichef glaubhaft machen kann, von allen Machenschaften seines treuen „Fans“ Thomas Schmid gar nichts gewusst zu haben. Nach dem Motto: Die wollten mir halt helfen und haben über das Ziel geschossen. Weit darüber. Schon in seiner Einvernahme vor dem Strafrichter in der Causa zur falschen Zeugenaussage hatte sich Kurz ja überraschend deutlich von Schmid distanziert und diesen als Wichtigtuer mit Hang zur Übertreibung und Zug zur Macht und den Mächtigen dargestellt.
Tatsächlich ist es so, dass eine Information an Sebastian Kurz in den bisher bekannten Chats zwar vorliegt, eine „Smoking Gun“ aber fehlt. In der Zeit im Bild 2 versuchte der Kanzler, das auch von sich wegzureden. Er habe keinen Auftrag für die ihm vorgeworfenen Delikte erteilt. Dennoch hält ihn die Staatsanwaltschaft für die „zentrale Person“ der Vorfälle und will nicht glauben, dass das ohne sein Zutun geschehen sei.
Es wird aber zuvor auch politisch eng für Kurz. Einerseits weil sein engstes Umfeld schwer unter Beschuss gerät. Andererseits wird sich der grüne Koalitionspartner, der gerade Klimaticket, Öko-Steuerreform und Plastikflaschen-Pfand durchgesetzt hat, schwer tun, nach Bekanntwerden dieser Vorwürfe zur Tagesordnung überzugehen. Dem Wähler könnte man im Falle von Neuwahlen signalisieren, für Umweltthemen viel erreicht zu haben, in der Korruptionsfrage hart geblieben zu sein. Im Laufe des Abends schlossen sich aber die Reihen innerhalb der ÖVP hinter dem Kanzler, zum Beispiel im mächtigen ÖVP-Land Niederösterreich.
Bleibt noch eine Frage: Warum die WKStA ausgerechnet gegen ÖVP-Politiker so hart vorgeht. Denn weder bei den Vorwürfen gegen Werner Faymann (ÖBB-Inserate) oder Christoph Chorherr (Spenden für das Heumarkt-Projekt) noch jenen gegen die FPÖ (nach Straches Ibiza-Aussagen) hat es Hausdurchsuchungen gegeben. Die Antwort liegt nahe: Weil man eben die Chats auf dem Handy von Thomas Schmid gefunden hat.
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