Ein Streik zur rechten Zeit am falschen Ort

Die Metall-Industrie trifft das neue Arbeitszeitszeitgesetz weniger als andere Branchen. Aber hier ist die Gewerkschaft stark.
Anita Staudacher

Anita Staudacher

Jetzt ist er also da, der "logische" Streik eines angekündigten "heißen Herbstes" der Gewerkschaft. Der erste seit sieben Jahren. Diesmal geht es aber nicht nur um mehr Lohn, sondern um nichts weniger als um die Macht  der Gewerkschaften schlechthin. „Wir sind der Schneepflug und ihr seid die, die hinter uns nachschieben“, schwörte Metallergewerkschafter Rainer Wimmer schon zu Beginn der Herbstlohnrunde alle Betriebsräte auf Widerstand ein.

Wer lässt sich mobilisieren?

Mit der Schneepflug-Metapher brachte er aber unfreiwillig die ernste Lage der Gewerkschaft auf den Punkt. Hinter den Metallern ist kaum noch jemand, der nachschiebt. Abseits von Produktion und öffentlicher Dienst ist der Mobilisierungsgrad in der Arbeitnehmerschaft eher bescheiden. Ein tagelanger Streik der Verkäuferinnen? Arbeitsniederlegungen in Hotels und Gaststätten? Kaum vorstellbar. Dies ist insofern bemerkenswert, da die negativen Auswirkungen des 12-Stunden-Tages vor allem so genannte Frauenbranchen im Handel, Tourismus, bei Sozial- und Gesundheitsberufen treffen, wie auch die zuletzt aufgeflogenen Einzelfälle zeigen.
 
Jetzt müssen es also die Metaller richten, obwohl  sie vom neuen Arbeitszeitgesetz weniger betroffen sind. In der Branche gibt es längst  flexible Arbeitszeiten, auch der 12-Stunden-Tag  wird in Schichtbetrieben längst gelebt, die Zuschläge von  den Betriebsräten penibel kontrolliert. Anrechnung von Karenzzeiten sind ob des Frauenmangels  nur ein Randthema.

Das entnervte Kopfschütteln der Arbeitgeber in der Metallindustrie ist nachvollziehbar, sie sind  derzeit in der Tat mehr Prellbock  für grundsätzlichen Unmut   als ein ernsthafter Verhandlungspartner auf Augenhöhe. Bleiben sie stur und versuchen mit freiwilligen Lohnanpassungen die Arbeitnehmerschaft zu spalten, wäre allerdings wenig gewonnen. Tagelage Arbeitsniederlegungen könnten die Folge sein.

Und die Regierung?

Die Regierung, eigentliches Ziel der Machtdemonstration der Gewerkschaft, kann sich derweil gemütlich zurücklehnen und das Hauen und Stechen der Sozialpartner erste Reihe fußfrei beobachten. Sie wird sich sogar noch bestätigt fühlen, Dinge lieber gesetzlich zu regeln anstatt sie den zankenden Sozialpartnern zu überlassen. Sowohl Gewerkschaft als auch Arbeitgeber-Verhandler müssen also aufpassen, wie weit sie eine Eskalation zulassen. Am Ende könnten beide verlieren.

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