Ein freies Europa – bald nur Erinnerung

Der Zusammenschluss zur Europäischen Union hat Frieden und Wohlstand gebracht. Schön war’s.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Den Zustand Europas kann man von vielen Seiten her beschreiben. Etwa so: Die USA und Russland werden sich wohl nicht mehr an den INF Vertrag aus 1987 halten, wonach nukleare Mittelstreckenraketen abgeschafft werden sollen. Betroffen von einem neuen Wettrüsten ist Europa. Zwei Großmächte reden über unser Schicksal, wir können nur zusehen.

Oder so: Die Zukunft unseres Zusammenlebens – nicht nur des Wirtschaftssystems – wird vom Einsatz von Robotern und deren künstlicher Intelligenz bestimmt. In den USA und in China forschen die klügsten Köpfe darüber, enorme Geldmengen werden dafür eingesetzt. In Europa verfolgen wir diese Entwicklung mit Interesse.

Oder auch so: Bisher waren wir in Europa stolz auf die Einhaltung der Menschenrechte. Jetzt überlegt nicht nur die österreichische Bundesregierung, wie man „ein bisserl kreativ“ (©Herbert Kickl) die Menschenrechte aushebeln könnte.

Auch das britische Drama erzählt viele Geschichten über dieses Europa, zu dem das Vereinigte Königreich mit seiner Geschichte und seinen Menschen auch nach einem Brexit gehören wird. Ein paar Politiker, die selbst mit dem Brexit viel Geld verdienen, machen bewusst einen Teil ihres Volkes ärmer und belogen die Wähler mit absurd falschen Zahlen. Die Elite zeigt sich völlig unfähig zu einer Diskussion über die Zukunft des Landes, Labour Chef Jeremy Corbyn biedert sich bei den Industriellen an, von denen er Geld für Neuwahlen will, schafft es aber nicht, eine klare Haltung zur EU abzugeben.

Zufrieden: Donald Trump und Wladimir Putin

Donald Trump, der intern angeblich auch schon über die Zerstörung der NATO vor sich hin gebrabbelt hat, freut sich über ein wirtschaftlich schwaches Europa. Mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker musste er in Handelsfragen verhandeln, nach dem Zerfall der EU wird ein künftiger US-Präsident nicht einmal auf deutsche oder französische Regierungschefs Rücksicht nehmen müssen. Wladimir Putin – selbst nicht in der Lage, seinem Russland auch nur irgendeine Perspektive auf eine innovative Wirtschaft zu geben – sitzt zufrieden im Kreml und freut sich über jede Anbiederung durch europäische Rechtsextremisten. Die sollen zu Ende bringen, was seine Thinktanks ausgedacht haben.

Die AfD macht Putin da viel Freude. Sie hat die Abschaffung des EU-Parlaments und den Austritt Deutschlands aus der EU gefordert, sollte diese sich „nicht radikal verändern“. Die FPÖ, die sich schon über den Brexit erfreut gezeigt hat, wird in den nächsten Monaten mit der AfD und anderen EU-Gegnern Wahlkampf machen. Da genügt der Verweis von Kanzler Kurz (ÖVP) nicht, dass seine Regierung ohnehin „europagesinnt“ sei. Das Land braucht endlich eine klare Debatte über unsere Zukunft in einem vereinten Europa. Damit wir später wenigstens sagen können, dass uns bewusst war, was an Werten und Wohlstand verloren gegangen ist. Oder wir uns doch noch besinnen, wie wertvoll Europa für uns ist. .

Kommentare